Leukämie

Wie lässt sich die Überlebenschance bei myelodysplastischem Syndrom besser abschätzen?

Original Titel:
Multidimensional assessment of patient condition and mutational analysis in peripheral blood, as tools to improve outcome prediction in myelodysplastic syndromes: A prospective study of the Spanish MDS group.

Ein myelodysplastisches Syndrom (MDS) umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, bei der die Bildung der Blutzellen im Knochenmark gestört ist. Es gibt verschiedene Formen von MDS, die sich hinsichtlich ihres Verlaufs, der Behandlungsmöglichkeiten und des Risikos, in eine akute Leukämie überzugehen, unterscheiden. Die Erkrankung gehört zu den häufigsten bösartigen Bluterkrankungen bei Erwachsenen und tritt vor allem bei Patienten über 60 Jahren auf.

Um den Schweregrad der Erkrankung abzuschätzen und eine geeignete Behandlung auszuwählen, haben Ärzte und Wissenschaftler international gültige Systeme zur Berechnung des individuellen Risikos der Patienten entwickelt. Hierzu zählt z. B. das überarbeitete internationale prognostische Punktesystem IPSS-R (IPSS-R für Revised International Prognostic Scoring System). Nach ausführlicher Untersuchung der Zellen im Blut und Knochenmark werden die einzelnen Testergebnisse in Punkte umgerechnet und addiert. Daraus ergibt sich ein sogenannter Score, mit dem die Patienten in Risikogruppen eingeteilt werden. Ein niedriger Punktewert ist meistens mit einem niedrigen Risiko verbunden. Das bedeutet, dass die Krankheit bei diesen Patienten eher mild verläuft und sie oft über einen langen Zeitraum nur minimale Behandlung benötigen. Bei Patienten mit einem höheren Score schreitet die Krankheit schneller voran und es besteht ein erhöhtes Risiko, dass das MDS in eine akute Leukämie übergeht. In diesen Fällen ist eine entsprechend intensivere Therapie nötig.

Spanische Forscher fanden den derzeit gültigen IPSS-R Score unzureichend für die vielen verschiedenen MDS-Formen. Sie untersuchn, ob die Überlebenschancen und das Risiko der MDS-Patienten genauer abschätzbar sind, wenn in die Berechnung auch der gesundheitliche Allgemeinzustand und eventuelle genetische Veränderungen des Erbgutes (Mutationen) im Blut einfließen. Zwischen den Jahren 2006 und 2015 haben sie 200 MDS-Patienten nach dem IPSS-R System bewertet. Zusätzlich haben sie den Zustand der MDS-Patienten nach dem sogenannten Lee Index eingeteilt, der besonders für ältere Patienten vorgesehen ist. Außerdem haben sie genetische Veränderungen in Blutproben der Patienten mit einer neuartigen Methode, dem sogenannten Next-Generation Sequencing untersucht. Anschließend wendeten sie geeignete statistische Berechnungsmodelle an und fanden heraus, dass sich das Überleben der Patienten mit den zusätzlichen Untersuchungen des Allgemeinzustandes deutlich genauer abschätzen lässt. Weiterhin haben die Berechnungen gezeigt, dass der Übergang in eine akute Leukämie durch die zusätzliche Untersuchung der genetischen Veränderung im Blut deutlich besser vorhergesagt werden konnte.

Demzufolge schlussfolgern die Forscher, dass sich das Therapieansprechen von MDS-Patienten besser abschätzen lässt, wenn zusätzlich zum derzeit gültigen IPSS-R System der Gesundheitszustand und die genetischen Veränderungen im Blut der Patienten in die Berechnung des Risikos einfließen.

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