Leukämie
Vorhersage des Ansprechens von Patienten mit akuter myeloischer Leukämie auf neuartige Antikörper-Therapie mittels genetischer Untersuchung
Original Titel:
CD33 Splicing Polymorphism Determines Gemtuzumab Ozogamicin Response in De Novo Acute Myeloid Leukemia: Report From Randomized Phase III Children's Oncology Group Trial AAML0531.
Die Standardtherapie bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) beginnt mit der Gabe von All-trans-Retinolsäure (ATRA), gefolgt von einer Chemotherapie. Die Chemotherapie hemmt das Wachstum der Krebszellen bzw. tötet sie ab. Allerdings wirkt sie sehr ungezielt, wodurch auch gesunde Zellen geschädigt werden und es häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Ein neuartiger Ansatz ist die Kombination mit speziellen Proteinen, sogenannten Antikörpern, welche die bösartige Zellen gezielt erkennen können. Gemtuzumab-Ozogamicin (GO) besteht aus einem Antikörper gegen CD33 und einer für die Zelle giftigen Substanz (Zytotoxin Calicheamicin). Auf Grund von Hinweisen für eine erhöhte Giftigkeit in Kombination mit der Standard-Chemotherapie bei jüngeren AML-Patienten wurde GO im Jahr 2010 wieder vom Markt genommen. Es blieb unklar, ob GO für AML-Patienten insgesamt einen Nutzen hat, bei gleichzeitig erhöhtem Risiko, nicht auf die Behandlung anzusprechen.
GO zielt auf das Protein CD33 ab, welches sich auf der Oberfläche von myeloischen, d. h. vom Knochenmark stammenden Zellen befindet. Im Erbgut, das die Bildung dieses Proteins mittels kleiner Bausteine verschlüsselt in sich trägt, kann es zu genetischen Veränderungen kommen, die zunächst die Bildung des CD33 Proteins nicht maßgeblich beeinträchtigen, da nur einzelne Bausteine im Erbgut ausgetauscht werden (Einzelnukleotide). Beim CD33 Protein heißt die Stelle im Erbgut rs12459419 C>T, wobei C und T die austauschbaren Bausteine des Erbguts sind, sodass 3 verschiedene Variationen (CT, CC und TT), die sogenannten Genotypen, möglich sind. Durch diesen Austausch entsteht eine leicht abgewandelte Form des ursprünglichen CD33 Proteins, eine sogenannte Isoform. Dabei kann genau die Stelle am CD33 Protein, an die GO binden soll (CD33 IgV Domäne), so verändert sein, dass keine Bindung mehr stattfinden kann. Demzufolge kann der Wirkstoff GO nicht den gewünschten Effekt erzielen.
Forscher einer Kinderkrebsgruppe untersuchten nun in einer Studie den Einfluss der genetischen Eigenschaften von AML-Patienten auf das Ansprechen einer GO-haltigen Chemotherapie. Dabei wurden die Veränderungen der Bausteine (Einzelnukleotide) im Erbgut von jeweils 408 neu diagnostizierten AML-Patienten untersucht, die entweder 5 Kurse Chemotherapie oder Chemotherapie in Kombination mit zwei Dosen GO, jeweils einmal zu Beginn und einmal währen der Intensivierung, erhielten. Die Studie zeigte, dass 415 Patienten (51 %) den CC Genotyp, 316 Patienten (39 %) dem CT und 85 Patienten (10 %) den TT Genotyp hatten. Patienten mit dem CC Genotyp hatten ein deutlich geringeres Risiko für einen Krankheitsrückfall unter Behandlung mit GO-haltiger Chemotherapie (26 %) im Vergleich zu den CC Patienten, die herkömmliche Chemotherapie erhielten (49 %). Die Gabe von GO mit der Chemotherapie zeigte keinen Einfluss auf den Krankheitsrückfall bei Patienten mit dem CT (39 %) oder TT (40 %) Genotyp. Das krankheitsfreie Überleben (Zeitspanne zwischen Krankheitsrückgang und erneutem Auftreten der Krankheit) war bei Patienten mit dem CC Genotyp wesentlich länger, wenn GO-haltige Chemotherapie (65 %) verabreicht wurde im Vergleich zur herkömmlichen Chemotherapie (46 %). Dieser Vorteil der GO-Gabe war jedoch nicht bei Patienten mit dem CT oder TT Genotyp zu beobachten.
Die Forscher deuten an, dass Patienten mit dem CC Genotyp ein beachtliches Ansprechen auf GO zeigen. Sie beschreiben die Bestimmung des rs12459419 Genotyps der Patienten als ein geeignetes Kriterium zur Auswahl der für GO-haltige Therapie geeigneten AML-Patienten.
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