Neuer Therapieansatz gegen Tuberkulose entdeckt
Aufgrund der steigenden Anzahl antibiotikaresistenter Tuberkuloseerreger ist die Entwicklung alternativer Therapieansätze im Kampf gegen diese Krankheit von hoher Bedeutung. Wissenschaftler des Forschungszentrums Borstel und des DZIF konnten nun zeigen, dass durch eine gezielte Stärkung des menschlichen Abwehrsystems die Ausbreitung des Tuberkulosebakteriums Mycobacterium tuberculosis eingedämmt werden kann. Die Ergebnisse wurden in dem Fachjournal Cell Host & Microbe veröffentlicht.
Die Tuberkulose zählt zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten für den Menschen. Allein im Jahr 2016 erkrankten laut WHO weltweit 10,4 Millionen Menschen an einer Tuberkulose – 1,7 Millionen starben an den Folgen der Infektion. Vor allem das Aufkommen mehrfach resistenter Varianten des Tuberkuloseerregers Mycobacterium tuberculosis stellt eine große globale Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. Patienten, die mit diesen Keimen infiziert sind, können nicht mehr mit den üblichen Antibiotika behandelt werden. Dadurch wird ihre Behandlungsdauer erheblich verlängert, die Nebenwirkungen sind stärker und die Sterberate ist erhöht. Es wurden bereits Tuberkulosefälle beschrieben, deren Erreger als total-resistent und damit als mehr oder weniger nicht mehr behandelbar eingestuft wurden. Diese Situation zeigt, dass zusätzlich zu neuen Antibiotika dringend alternative Therapieansätze benötigt werden. Ein derzeit vielversprechender Ansatz ist die Wirts-orientierte Therapie. Hierbei wird das Abwehrsystem des Patienten gezielt beeinflusst, um mögliche Gewebeschäden und Verschlechterungen der Krankheit abzumildern und gleichzeitig die Ausbreitung und Vermehrung der Bakterien einzudämmen.
Das Team um Dr. Tobias Dallenga und Prof. Dr. Ulrich E. Schaible aus der Forschungsgruppe Zelluläre Mikrobiologie am Forschungszentrum Borstel konnte nun zeigen, dass bestimmte menschliche Abwehrzellen, die sogenannten neutrophilen Granulozyten, ein vielversprechendes Ziel für eine Wirts-orientierte Therapie darstellen. Die neutrophilen Granulozyten spielen eine zentrale Rolle in der Krankheitsentwicklung und stellen den Zelltyp in der Lunge dar, der bei einer aktiven Tuberkulose am stärksten durch das Mycobacterium tuberculosis befallen ist. Die Tuberkuloseerreger schicken die befallenen Zellen in einen schnellen, entzündlichen Zelltod und nutzen dabei die Maschinerie der Granulozyten: Normalerweise bilden die Granulozyten Sauerstoffradikale aus und richten sie gegen Krankheitserreger, um diese abzutöten. Mycobacterium tuberculosis manipuliert die Granulozyten so, dass sie die Sauerstoffradikale nun gegen sich selbst richten und dadurch in den nekrotischen Zelltod geschickt werden. Durch das Abtöten der neutrophilen Granulozyten wird der Tuberkuloseerreger freigesetzt und kann – wenn er zusammen mit den toten Granulozyten von Makrophagen aufgenommen wird – in diesen Wirtszellen wachsen und diese ebenfalls töten. Damit beginnt ein Teufelskreis zwischen Zelltod, Anlockung weiterer Wirtszellen und Wachstum der Bakterien, der zur Zerstörung des Lungengewebes und Aushusten infektiöser Tröpfchen führt. Das Borsteler Team konnte nun zeigen, dass die Hemmung des Zelltodes infizierter Granulozyten durch Unterdrückung der Sauerstoffradikalbildung den folgenden Wirtszellen hilft, das Wachstum der Erreger zu kontrollieren und so den Teufelskreis zu unterbrechen. Die Forscher sind überzeugt, dass diese Ergebnisse die Grundlage für eine neuartige Wirts-orientierte Therapie darstellen.
Zur vollständigen Pressemitteilung des FZ Borstel
Publikation
Dallenga, T, Repnik U, Corleis B, Eich J, Reimer R, Griffiths GW, Schaible UE (2017) M. tuberculosis-Induced Necrosis of Infected Neutrophils Promotes Bacterial Growth Following Phagocytosis by Macrophages, Cell Host & Microbe 22 (4) 519-530
doi.org/10.1016/j.chom.2017.09.003
Kontakt
Prof. Dr. Ulrich Schaible
Direktor Programmbereich Infektionen
Forschungszentrum Borstel – Leibniz Lungenzentrum
T +49 4537 188600
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DZIF-Pressestelle
Karola Neubert und Janna Schmidt
T +49 531 61811170
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