Hoffnung auf alternative Therapie bei Migräne: Akupunktur normalisiert womöglich die Gehirnaktivität in schmerzverarbeitenden Strukturen von Patienten
Original Titel:
Acupuncture modulates the abnormal brainstem activity in migraine without aura patients.
Eine Störung des Gleichgewichts der Schmerzzentren im Hirnstamm wird als eine mögliche Ursache der Entstehung von Migränen diskutiert. Frühere Studien legten nahe, dass dieses Gleichgewicht mit Hilfe von Akupunktur behandelbar sein könnte. Eine Forschergruppe unter Prof. Li untersuchte nun (2017) an der Chengdu Universität für Traditionelle Chinesische Medizin in China, in Zusammenarbeit mit dem renommierten Massachusetts General Hospital in den USA, die Hirnstammaktivität in Migräneuren und gesunden Kontrollen, und den Effekt einer Behandlung mit Akupunktur versus Placebo (Scheinakupunktur, Sham genannt) auf die Gehirnaktivität der Migränepatienten.
Ziel der Studie war, erstens, der Vergleich der spontan auftretenden Gehirnaktivität zwischen Migräneuren (ohne Aura, also ohne Wahrnehmungsänderungen während der Migräneattacken) und gesunden Kontrollteilnehmern. Dazu wurde mit dem bildgebenden Verfahren der funktionellen Kernspintomographie die relative Durchblutung und damit Sauerstoffsättigung (BOLD-Kontrast genannt, blood oxygenation level dependent) einzelner Gehirnstrukturen in Ruhe, also beim Nichtstun, gemessen. Die Größe eines Teils der Schwankungen dieses Signals bestimmten die Forscher mit der ALFF-Berechnungsmethode (amplitude of low-frequency fluctuations). Das zweite Ziel der Studie war zu untersuchen, ob diese Gehirnaktivität der Migräneure durch eine Behandlung moduliert werden konnte.
100 Migränepatienten nahmen an der Studie teil sowie 46 gesunde Kontrollprobanden. Die Patienten wurden zufällig in eine von drei Gruppen für die 4-wöchige Studiendauer eingeteilt: Akupunktur, Scheinakupunktur und Warteliste. Die Kernspin-Messungen der Patienten erfolgten vor und nach der Behandlungsphase, die Kontrollen wurden dagegen nur einmal zu Beginn der Studie kernspintomographisch untersucht. Die Patienten wurden zusätzlich auch zu Kopfschmerzintensität, -häufigkeit, ihrer selbstempfundenen Ängstlichkeit und Depression befragt, um die Wirksamkeit einer Behandlung klinisch beurteilen zu können.
Im Vergleich zu den gesunden Kontrollen zeigten die Patienten erhöhte ALFF-Werte in Gehirnteilen, die vor allem für ihre Rolle bei der Schmerzverarbeitung, aber auch der Kontrolle von Körpertemperatur oder Sauerstoffsättigung bekannt sind (der posterioren Insula und dem Putamen/Caudatum). ALFF-Werte waren dagegen geringer als bei den Kontrollen in weiteren Bereichen der Schmerzverarbeitung, wie der rostralen ventromedialen Medulla und dem trigeminocervikalen Komplex (TCC). In diesem Bereich findet sich beispielsweise die Wurzel des Nervus trigeminus, der weitreichend Wahrnehmung und Bewegung des Gesichts kontrolliert und vielen Kopfschmerzpatienten auch als Ansatz für Massagepunkte bekannt ist. Im Anschluss an die 4-wöchige Akupunkturbehandlung hatte sich das Aktivitätsmuster in Medulla und TCC an das der gesunden Kontrollen angeglichen. In diesen Gehirnteilen zeigten sich auch Unterschiede zwischen tatsächlicher und Scheinakupunktur in den Migränepatienten.
Die Studie gibt damit einen Hinweis auf eine möglicherweise der Migräne zugrundliegende veränderte Aktivitätsschwankung in den Systemen der Gesichtsnervkontrolle und Schmerzverarbeitung. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass mit einer Akupunkturbehandlung diese Schwankungen normalisiert und damit eventuell die Häufigkeit von Migräneattacken reduziert werden können.
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