Leukämie
Verbessertes Überleben für erwachsene Patienten mit thymischer akuter lymphatischer Leukämie durch Bestimmung genetischer Veränderungen und angepasste Therapie
Original Titel:
Early Response-Based Therapy Stratification Improves Survival in Adult Early Thymic Precursor Acute Lymphoblastic Leukemia: A Group for Research on Adult Acute Lymphoblastic Leukemia Study.
Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die am häufigsten im Kindesalter auftritt. Durch genetische Veränderungen im Knochenmark kommt es zu einer bösartigen Veränderung der unreifen weißen Blutzellen (Lymphozyten), die sich dadurch ungehemmt vermehren können, ohne dass sie dabei funktionsfähig sind. Je nachdem welche Vorstufen der weißen Blutzellen von der bösartigen Veränderung betroffen sind, unterscheidet man zwischen B-Linien ALL (B-ALL) oder T-Linien ALL (T-ALL). Beide gehen von speziellen weißen Blutzellen, den sogenannten B-Zellen und T-Zellen aus, die jeweils eine wichtige Rolle im menschlichen Abwehrsystem spielen. An ALL erkrankte Kinder sprechen meistens gut auf Chemotherapie an, die die Krebszellen abtötet, und haben trotz unerwünschter Nebenwirkungen gute Überlebenschancen. Für ältere Patienten stehen verschiedene Behandlungen zur Verfügung, wie z. B. Chemotherapie oder zielgerichtete Substanzen, die Krebszellen erkennen und abtöten (Imatinib) sowie Stammzelltransplantation, wobei Blutzellen eines anderen menschlichen Spenders übertragen werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung ist bei erwachsenen Patienten ein vollständig untersuchtes Krankheitsbild.
Eine besondere Art der ALL ist die thymische T-ALL, die oft mit dem Auftreten von Resistenzen gegenüber den möglichen Behandlungen einhergeht. Das bedeutet, dass die Therapie im Laufe der Behandlung unwirksam wird und der Patient nicht mehr darauf anspricht. Die Krankheit kann dann fortschreiten. Studien in Kindern haben gezeigt, dass eine Resistenz gegen Chemotherapie abgewendet werden kann, wenn mit einer rechtzeitigen Verstärkung (Intensivierung) der Behandlung begonnen wird. Bisher gab es keine vergleichbaren Daten in erwachsenen Patienten.
Nun haben Wissenschaftler an einer Gruppe von 213 erwachsenen T-ALL- Patienten (davon 47 mit thymischer T-ALL) ausführlich untersucht, inwieweit die genetischen und klinischen Eigenschaften mit dem Überleben zusammenhängen. Alle Patienten waren Teilnehmer der klinischen Studien GRAALL-2003 und -2005 und erhielten den Richtlinien entsprechende Chemotherapien bzw. Stammzelltransplantationen, die sonst in kindlichen Patienten angewendet werden. Die Untersuchung der genetischen Veränderungen der erwachsenen T-ALL-Patienten lieferte Ergebnisse, die den Eigenschaften des Erbmaterials in Kindern sehr ähnelte. Besonders hoch war das Vorkommen von genetischen veränderten Merkmalen, die die Vermehrung und das Absterben der Zellen beeinflussen (RAS Signalweg). Die sogenannte Mutationsrate lag bei 62,2 %. Auch die Abschnitte des Erbguts, die die genetischen Informationen für die Blutbildung tragen, waren zu 29,7 % verändert. Die chemische Beschaffenheit des Erbmaterials war zu 48,8 % verändert, wodurch sich die Eigenschaften und die Vorgänge in den Zellen verändern können (Histonmodifikationen). Im Gegensatz zu den kindlichen T-ALL-Patienten traten bei den Erwachsenen zu 32,4 % auch Veränderungen der Grundbausteine des Erbguts auf (DNA-Methylierungen). Wie erwartet wurden im Laufe der Behandlung 87 % der Patienten frühzeitig resistent gegen die Chemotherapie im Knochenmark. Dennoch waren die Aussichten insgesamt für die an thymischer T-ALL erkrankten Erwachsenen, die nach dem GRAALL Studienprotokoll behandelt wurden, nicht schlechter als für die anderen T-ALL Patienten. Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 59,6 % bei den Patienten mit thymischer T-ALL und 66,5 % bei den anderen T-ALL-Patienten. Desweiteren fanden die Forscher heraus, dass sich eine Stammzelltransplantation positiv auf einen Großteil der Patienten mit thymischer T-ALL auswirkte.
Den Ergebnissen zufolge schlussfolgern sie, dass auch in erwachsenen Patienten mit thymischer T-ALL eine Gruppierung in verschiedene Risikogruppen vorgenommen werden sollte und dass eine Verstärkung der Behandlung, ähnlich wie in den für Kindern vorgesehenen Strategien, die Aussichten auf Therapieansprechen verbessern könnte.
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