Neue Studienergebnisse zur Tiefenhyperthermie-Behandlung
Kombination aus Überwärmung von Tumoren und Chemotherapie verbessert Behandlungserfolg bei Patienten mit Weichteilsarkomen. Neuartiges MRT-Tiefenhyperthermie-Hybridsystem am Klinikum der Universität München ermöglicht eine nicht-invasive Temperaturmessung bei der Therapie
Die regionale Überwärmung von Tumoren im Temperaturbereich von 40°- 43° Celsius in Kombination mit einer prä- und postoperativen Chemotherapie verbessert im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie das Langzeitüberleben von Patienten mit bösartigen Weichgewebstumoren (Weichteilsarkome). Die am heutigen Tag veröffentlichten Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift Jama Oncology zeigen weltweit erstmals innerhalb einer randomisierten Studie einen eindeutigen Behandlungsvorteil durch Hinzunahme der regionalen Hyperthermie zur Chemotherapie. Die neuartige Therapiekombination führte zu einer Verkleinerung der Tumoren und Verbesserung der operativen Ergebnisse. Der signifikante Überlebensvorteil der Patienten wurde durch die längerfristige Tumorkontrolle am Ort der Überwärmung bestätigt.
Die Ergebnisse wurden an 329 auswertbaren Patienten mit lokal-fortgeschrittenen, bösartigen Weichteilsarkomen in Ergänzung zur bestmöglichen Operation und Bestrahlung erreicht. Unter der Leitung von Prof. Rolf Issels wurde die Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität 1997 initiiert und mit Beteiligung mehrerer universitärer Hyperthermie-Zentren im Rahmen der EORTC (European Organization for Research and Treatment of Cancer) sowie der ESHO (European Society of Hyperthermic Oncology) durchgeführt. Die Ergebnisse eröffnen den Patienten mit Hochrisiko-Weichteilsarkomen nach Einschätzung von Prof. Lars Lindner, Koordinator des Zentrums für Knochen und Weichteiltumoren (SarKUM) und Leiter der Hyperthermie am Klinikum der Universität München, einen neuen Behandlungsweg. In wieweit dieser Therapieansatz auch die Behandlungsergebnisse bei anderen bösartigen Erkrankungen verbessern kann, ist offen. In Kooperation mit verschiedenen Fachbereichen wird derzeit multizentrisch in Deutschland und Polen die vergleichende Therapie-Studie HEAT bei Bauchspeicheldrüsenkrebs durchgeführt. Unmittelbar nach operativer Entfernung des Tumors wird eine Chemotherapie mit Zusatz der regionalen Hyperthermie im Vergleich zum derzeitigen Standard überprüft, um die bisher eingeschränkten Möglichkeiten einer Heilung zu verbessern.
Nach erfolgreicher Antragsstellung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und nach über zweijähriger Entwicklungs- und Bauphase geht in diesem Frühjahr das weltweit erste voll digitale Magnetresonanztomographiegerät (MRT) in Kombination mit einem neu entwickelten Tiefenhyperthermie-System am Klinikum der Universität München in Betrieb. Bisher erfolgt die Temperaturmessung während der Behandlung über Temperatursensoren, die entweder in den Tumor oder in natürliche Körperhöhlen in der Nähe des Tumors eingeführt werden. „Über die simultane Messung von temperaturempfindlichen MRT-Signalen erhoffen wir uns zukünftig eine möglichst genaue und nicht-invasive Erfassung der Temperatur im gesamten Tumorvolumen während der Behandlung“, erklärt Dr. Bassim Aklan, der als Medizinphysiker das Gerät betreuen wird. Da gezeigt wurde, dass die Behandlungsergebnisse mit der im Tumor erzielten Temperatur korrelieren, wäre durch das neuartige Hybridsystem mit exakter Temperaturkontrolle eine weitere Verbesserung der Behandlungsergebnisse möglich. Durch eine möglichst große Öffnung des MRT-Tunnels, einen aufklappbaren Hyperthermieapplikator sowie eine Videopräsentation am Kopfende des Patienten erhoffen sich die Kliniker zudem einen verbesserten Patientenkomfort.
Die fokussierte Erwärmung von Tumoren ermöglicht zudem den gezielten Transport von Wirkstoffen über wärmeempfindliche Nanopartikel. Diese zirkulieren nach deren Verabreichung solange in der Blutbahn, bis sie das erwärmte Tumorgewebe erreichen und dort schlagartig ihren Wirkstoff freisetzen. „Mit Hilfe dieser Technologie ist es möglich, eine bis zu 15-fach höhere Wirkstoffkonzentration im Tumorgewebe zu erreichen, ohne dabei Nebenwirkungen auf den Körper zu erhöhen. So konnten in Zusammenarbeit mit der Tierklinik der LMU bereits Katzen, die an einem Weichteilsarkom erkrankt waren, erfolgreich behandelt werden“, erklärt Prof. Lindner. Mit Hilfe eines BMBF Förderprojekts soll diese Entwicklung nun in die klinische Erprobung gehen und helfen, die Ergebnisse für Patienten mit Weichteilsarkomen weiter zu verbessern.
Das aktuelle Interesse der Onkologie gilt neben einer Verbesserung der Standardtherapien der Immunonkologie. Durch eine neuartige medikamentöse Aufhebung blockierender Faktoren des Immunsystems konnte bei einigen Krebsarten das Überleben von den betroffenen Patienten verbessert werden. Die in Jama Oncology publizierten Ergebnisse bei Weichteilsarkomen legen nach Meinung der Autoren die Vermutung nahe, dass die regionale Hyperthermie mit Verbesserung des Überlebens auch immunologische Effekte bewirken kann. Offensichtlich führt die regionale Überwärmung am Ort des Tumors zu einer Art akuten Entzündung, die für das Immunsystem des Patienten ein Alarmsignal bedeutet und positive Reaktionen auslöst. Der neue Direktor der Medizinischen Klinik III und Experte im Bereich der Immunonkologie, Prof. von Bergwelt, sieht hier einen Schwerpunkt für künftige klinische Forschungen und Studien an seiner Klinik.