Leukämie
Wie lange müssen Infektionen bei Blutkrebs bekämpft werden?
Original Titel:
Optimisation of empirical antimicrobial therapy in patients with haematological malignancies and febrile neutropenia (How Long study): an open-label, randomised, controlled phase 4 trial
Bei Stammzelltransplantationen und hochdosierten Chemotherapien zur Behandlung von bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems ist Neutropenie eine häufige und oftmals schwerwiegende Begleiterkrankung. Dabei handelt es sich um eine Verminderung bestimmter weißer Blutkörperchen, den neutrophilen Granulozyten. Dadurch wird die Fähigkeit zur Infektabwehr herabgesetzt, sodass Patienten mit Neutropenie ein hohes Risiko für mikrobielle Infektionen tragen. Bei mehr als 60 % der Patienten tritt in der Phase der Neutropenie nach Hochdosistherapie oder Stammzelltransplantation Fieber auf. Die erste Behandlung erfolgt dann über die empirische antimikrobielle Therapie (EAT), welche die häufigsten und am stärksten gefährdenden Erreger erfassen soll.
Bisher ist nur wenig über die optimale Dauer einer EAT bekannt. Daher wurde in einer neuen Studie aus Spanien untersucht, ob ein früher Abbruch der EAT zur Behandlung einer Neutropenie zulässig war. An der Studie nahmen insgesamt 157 Patienten teil, die ein hohes Risiko für eine fiebrige Neutropenie aufgrund einer bösartigen Blutkrebserkrankung oder einer erhaltenen Blutstammzelltransplantation hatten. Bei der Hälfte der Patienten wurde die EAT 72 Stunden nach Abklingen des Fiebers abgesetzt. In der Kontrollgruppe wurde die EAT erst abgebrochen, wenn die Patienten eine stabile Konzentration der neutrophilen Granulozyten (≥ 0,5 x 109 Zellen/L) erreicht hatten.
Die Ergebnisse der Studie belegten, dass die Patienten der EAT im Schnitt ungefähr zwei Tage kürzer ausgesetzt sind, wenn diese nach 72 Stunden abgesetzt wird. In dieser Gruppe traten 341 Fälle von unerwünschten Nebenwirkung auf, in der Kontrollgruppe waren es 295 Fälle. Die meisten Nebenwirkungen waren leicht bis mittelschwer. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Mukositis (Schleimhautentzündung des Verdauungstraktes), Durchfall sowie Übelkeit und Erbrechen. Mit Ausnahme der Mukositis unterschieden sich die Häufigkeiten dieser Nebenwirkungen kaum. Mukositis trat ungefähr 10 % häufiger bei einem Abbruch der EAT nach 72 Stunden auf. Die Anzahl der Todesfälle war in beiden Gruppen gering: ein Todesfall in der Gruppe mit EAT-Abbruch und drei Todesfälle in der Kontrollgruppe.
Die Autoren der Studie ziehen folgende Schlussfolgerung. Die EAT kann bei Patienten mit fiebriger Neutropenie als Folge einer bösartigen Blutkrebserkrankung oder Stammzelltransplantation nach 72 Stunden und nach Abklingen des Fiebers abgesetzt werden. Dieses Vorgehen ist sicher und unabhängig von der Konzentration der neutrophilen Granulozyten. Außerdem können Patienten dadurch kürzer antibiotischen Wirkstoffen ausgesetzt werden.
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