Präzisere Therapie bei Leukämie
Wissenschaftler haben unter Leitung der MHH Test für Hochrisikoleukämien entwickelt / Veröffentlichung im Journal of Clinical Oncology
Die häufigste Krebserkrankung bei Kindern und Jugendlichen ist die sogenannte akute lymphoblastische Leukämie (ALL). An ihr erkranken in Deutschland pro Jahr rund 500 junge Menschen. Etwa 80 Prozent von ihnen können mit intensiver Chemotherapie geheilt werden, wobei die individuellen Heilungsaussichten von bestimmten Risikofaktoren abhängen. Viele dieser Faktoren sind schon bekannt: Vor allem mit Hilfe genomweiter Analysen wurden in den vergangenen zehn bis 15 Jahren neue Erkenntnisse über diese Krebserkrankung gewonnen, sie konnten aber bislang noch nicht für die Patienten sinnvoll genutzt werden.
Die Wissenschaftler haben unter der Leitung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) an mehr als 1.400 Kindern mit ALL diese neuen Erkenntnisse systematisch durchleuchtet und so einen neuen Test entwickelt, der verschiedene Risikofaktoren zu einem Risikoprofil vereint. Der Test hilft, einzuordnen, ob Patienten mit Chemotherapie mit großer Wahrscheinlichkeit geheilt werden können oder ob die Heilungsaussichten nur begrenzt sind. Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnisse im Journal of Clinical Oncology.
Das langfristige Ziel ist es, Patienten eine Chemotherapie zu ersparen, wenn absehbar ist, dass sie nicht wirksam ist – und für sie Alternativen bereit zu halten, zum Beispiel Immuntherapien. „Wir erhoffen uns dadurch, die Heilungsraten für Kinder und Jugendliche mit ALL weiter zu verbessern“, sagt Professor Dr. Martin Stanulla von der MHH-Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Er hat das Projekt TRANSCALL koordiniert, in dessen Rahmen die Wissenschaftler den Test entwickelt haben. Zu den Projektpartnern gehören Teams aus Kiel, Monza und Padua, Wien, Paris und Heidelberg sowie aus Tel Aviv. TRANSCALL ist Teil des Programms „ERA-NET on translational cancer research TRANSCAN“, das die Europäische Union (EU) fördert. Auch das Folgeprojekt TRANSCALL II fördert die EU mit mehr als einer Million Euro.
Der Test soll nun jährlich bei etwa 1.000 Kindern mit ALL in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz, Israel und Australien angewendet werden – und zwar im Rahmen einer klinischen Studie, die Professor Dr. Martin Schrappe von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel leitet. Sie startet noch in diesem Jahr.
Die Originalpublikation finden Sie im Internet unter http://ascopubs.org/doi/10.1200/JCO.2017.74.3617