Migräne

Prädiktoren für schlechte Prognose bei chronischen Kopfschmerzen eröffnen Chancen für Veränderung

Original Titel:
Prognostic factors for chronic headache: A systematic review.

Fast jeder leidet mal unter Kopfschmerzen – meistens sind sie gut mit einfachen Mitteln, von Pfefferminzöl bis Ibuprofen, zu behandeln. Werden sie aber chronisch, übernimmt der Schmerz die Kontrolle über Alltag, Lebensplanung und -qualität. Ziel der Übersichtsstudie von Katrin Probyn und Neurologin Prof. Pincus von der Royal Holloway Universität von London mit Kollegen verschiedener britischer Institute (2017) war es, Prädiktoren für die Prognose chronischer Kopfschmerzen zu identifizieren und entsprechende prospektive Studienergebnisse zu analysieren. Dazu untersuchten sie systematisch Publikationen aus Fachjournalen, in denen Artikel durch unabhängige Fachkollegen begutachtet (peer-review) werden. Darin inbegriffen wurden 1) Studien zu Therapien bei chronischen Kopfschmerzen, bei denen auch zufällig zugeteilt Vergleichsbehandlungen wie Placebo eingesetzt wurden (randomisierte, kontrollierte Studien) und in denen auch Untergruppen analysiert wurden, und 2) prospektive Kohortenstudien, in der die Gruppen ab Studienbeginn fortlaufend beobachtet wurden. Die Studien waren sämtlich auf Englisch und seit 1980 publiziert.

Teilnehmer waren Erwachsene mit chronischem Kopfschmerz (inklusiv chronischer Migräne und chronischem Spannungskopfschmerz sowohl mit als auch ohne medikamenteninduziertem Kopfschmerz). Die relevanten Datenbanken wurden mit Freitext und sogenannten MeSh-Begriffen (aus dem Fachvokabular medizinischer Themen) durchsucht. Zwei Autoren extrahierten die Daten unabhängig voneinander und überprüften mittels entsprechender, in vorherigen Publikationen definierter Checklisten die methodische Qualität der Studien sowie die gesamte Qualität der Ergebnisse.

Es wurden 16556 Studien ermittelt, 663 Duplikate entfernt und 199 Artikel überprüft, von denen schließlich 27 analysiert wurden. Davon waren 17 prospektive Kohortenstudien und 10 randomisierte und kontrollierte Studien mit Untergruppenanalyse. Es zeigte sich Hinweise moderater Qualität dafür, dass Depression, Angst, Schlafstörung und Stress, Medikamentenüberbenutzung und ungenügendes Selbstmanagement der Kopfschmerzen potentielle Prädiktoren für eine schlechte Prognose sein könnten. Wenn solche Probleme bei den Patienten vorlagen, hatten sie typischerweise auch weniger gute Erfolge mit vorbeugenden Maßnahmen für ihre chronischen Kopfschmerzen. Die Daten boten nur unsichere Ergebnisse zu beispielsweise der Erwartungen der Patienten an eine Behandlung, dem Alter und dem Alter beim ersten Auftreten der Kopfschmerzen, Körpergewicht (body mass index, BMI), den Anstellungsverhältnis und mehreren Eigenschaften (pochend, halbseitig u. ä.) der Kopfschmerzen.

Die Übersichtsstudie identifizierte damit mehrere mögliche Elemente, die eine generell schlechte Prognose wahrscheinlicher machen. Solche Faktoren spielen wohl auch eine Rolle bei der Kopfschmerztherapie und schmälern mögliche Therapieerfolge bei Patienten mit chronischem Kopfschmerz. Die Ergebnisse zeigen den Bedarf für weitere qualitativ hochwertige Langzeitstudien zu Komorbiditäten, Lebensumständen und sonstigen Faktoren, die die Entwicklung des chronischen Kopfschmerzes vorhersagen könnten. Die Mehrheit der hier gefundenen Faktoren ist allerdings veränderbar – beispielsweise durch Förderung besseren Selbstmanagements von Schmerz oder Strategien zur Stressreduktion. Ein Punkt mehr also für das persönliche Kopfschmerztagebuch, das die eigenen Verhaltensweisen und Umstände hervorheben soll, die dem Kopfschmerz den Weg bahnen könnten.

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