COPD
Das Kortison-Paradoxon
Original Titel:
Long-term effects of inhaled corticosteroids on sputum bacterial and viral loads in COPD.
Die Arzneimittelgruppe der Kortikosteroide gehören zu den stärksten Entzündungshemmern. Sie ähneln den köpereigenen Steroidhormonen, die in unseren Nebennieren gebildet werden und kommen in vielen medizinischen Bereichen zum Einsatz. Umgangssprachlich hat sich für die verschiedenen Wirkstoffe der Sammelbegriff Kortison durchgesetzt.
Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung helfen diese Wirkstoffe Krankheitsschübe zu verhindern, indem sie die Entzündungsreaktion stoppen. Das funktioniert, da das Immunsystem durch Kortison ausbremst wird. Das bedeutet aber auch, dass das Immunsystem durch Kortison schlechter auf Angriffe durch Krankheitserreger reagieren kann. Dadurch steigt bei der Inhalation von kortisonhaltigen Medikamenten das Risiko, eine Infektion der Atemwege zu bekommen. Solche Infektionen sind aber gleichzeitig die Hauptursache von Krankheitsschüben bei COPD. Wie kann also die Inhalation von Kortison vor Schüben schützen, wenn es gleichzeitig das Risiko für Schub auslösende Infektionen erhöht?
Eine Studie von Forschern aus Italien und Großbritannien zeigte nun, dass es nicht allein am Kortison liegt. Sie untersuchten das zugrunde liegende Entzündungsprofil bei COPD-Patienten und wie viele und welche Bakterien ihre Atemwege und den Auswurf (Sputum) aus der Lunge besiedelten.
Dazu wurden 60 COPD-Patienten mit einer stabilen, moderaten COPD untersucht. Die Teilnehmer wurden zufällig in zwei Behandlungsgruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhielt täglich zwei Dosen 50 µg Salmeterol in Kombination mit 500 µg Fluticasonpropionat zur Inhalation, die andere Gruppe nur täglich zwei Mal 50 µg Salmeterol zu Inhalation. Salmeterol ist ein Beta-2-Agonist und erweitert die Bronchien. Fluticasonpropionat ist ein Kortikosteroid und wirkt damit entzündungshemmend. Die Teilnehmer wurden so ein Jahr behandelt.
Im Vergleich zwischen den beiden Behandlungen zeigte sich, dass bei der Behandlung mit Salmeterol und Fluticasonpropionat die Anzahl an Bakterien im Auswurf höher war und sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen verändert hatte. Betrachteten die Forscher das Entzündungsprofil, bemerkten sie, dass Patienten, die wenig Eosinophilen im Auswurf oder Blut aufwiesen, eine höhere Belastung der Atemwege mit potenziell krankmachenden Bakterien hatten.
Eosinophile sind spezialisierte weiße Blutkörperchen und damit Teil unseres Immunsystems. Sie machen im Schnitt etwa 4 % der weißen Blutkörperchen aus. Ihre Aufgabe ist es, Krankheitserreger unschädlich zu machen. Sie sind sogenannte Fresszellen. Das bedeutet, sie nehmen Krankheitserreger auf und zersetzen sie in ihrem Innern mit speziellen Enzymen. Eine besondere Rolle nehmen sie dabei bei der Bekämpfung von Parasiten und Würmern ein, aber auch Fremdkörper machen sie unschädlich. Bei Infektionskrankheiten steigt ihr Anteil meist an, wenn die Infektion auszuheilen beginnt. Da sie durch den Botenstoff Histamin im Körper angelockt werden, spielen sie auch bei Allergien eine Rolle. Auch bei der Entstehung von Asthma scheinen Eosinophile involviert zu sein.
Das zeigt, dass die längerfristige Behandlung mit kortisonhaltigen Medikamenten Einfluss darauf hat, wie hoch die Bakterienlast von COPD-Patienten ist. Aber auch, dass das Entzündungsprofil, mit Werten wie der Eosinophilenkonzentration, eine Rolle dabei spielt, ob es zu mehr Infektionen während der Behandlung mit Kortison kommt. Die Eosinophilenkonzentration im Blut kann über ein Differenzialblutbild bestimmt werden, ist aber auch tagesformabhängigen Schwankungen unterworfen.
COPD-Patienten können durch Hygienemaßnahmen, wie regelmäßiges Händewaschen, eine gute Küchenhygiene, Reinigen von Hilfsmitteln und das Säubern von Tastaturen, Handydisplays etc. Infektionen vorbeugen und eine ausgewogene Ernährung unterstützt das Immunsystem.
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