Alzheimer zeigt sich im Urin: neuer Ansatz zur günstigen und nicht invasiven Demenzdiagnose
Original Titel:
Urine AD7c-NTP Predicts Amyloid Deposition and Symptom of Agitation in Patients with Alzheimer's Disease and Mild Cognitive Impairment.
Die bestimmte Diagnose der Alzheimerkrankheit ist alles andere als einfach. Ein spezielles bildgebendes Verfahren kann die typischen Ablagerungen, Plaques genannt, nachweisen, wird jedoch nicht überall angeboten, belastet den Körper des Patienten mit radioaktiver Strahlung und ist zudem sehr teuer. Teile der Ablagerungen und verschiedene Abbauprodukte aus dem nervenzerstörenden Prozess der Erkrankung lassen sich auch in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit der Patienten finden, jedoch ist die Entnahme dieser Flüssigkeit eine invasive Prozedur mit entsprechenden Risiken. Um den Patienten möglichst früh die bestmögliche, auf ihre spezifische Erkrankung zugeschnittene Therapieoptionen zu geben wäre ein günstigeres, nichtinvasives Diagnosemittel wertvoll. Wissenschaftler um Prof. Cheng am Neurologischen Institut der Tianjin Medizinischen Universität in China untersuchten daher mit chinesischen und amerikanischen Kollegen eine weitere Quelle für Hinweise auf eine Alzheimererkrankung: den Urin. Dort, so wie im Gehirngewebe oder der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit, lässt sich nämlich bei Alzheimerpatienten ein Protein (AD7c-NTP) vermehrt nachweisen, das unter anderem als Auslöser für das Absterben von Nervenzellen und Fehlfunktionen der Kraftwerke der Zellen (Mitochondrien) verstanden wird.
Um die Aussagekraft einer Diagnose anhand der Urinprobe zu testen, untersuchten die Forscher 22 Patienten, die leicht bis mäßig an Alzheimer erkrankt waren, und verglichen sie mit 8 Patienten, die unter leichter Beeinträchtigung der Denkleistung (leichte kognitive Beeinträchtigung, LKB) litten. Bei allen Patienten wurde der Zusammenhang zwischen AD7c-NTP im Urin, Ablagerungen im Gehirn und klinischen Symptomen der Alzheimererkrankung oder der leichten kognitiven Beeinträchtigung untersucht.
Mit Hilfe eines speziell auf Alzheimerplaques optimierten bildgebenden Verfahrens (11C-PiB-PET) wurde die Menge der alzheimertypischen Ablagerungen, bestehend aus dem Beta-Amyloid (Aβ), bei allen Patienten gemessen. Die Konzentration des AD7c-NTP-Proteins im Urin wurde in einer Laboranalyse ermittelt. Zusätzlich wurden erste Hinweise auf eine Demenzerkrankung in der Denkleistung und eventuellen Verhaltensauffälligkeiten mit dem Mini-Mental-Status-Test und dem Neuropsychiatrischen Inventar-Test überprüft.
63,6 % der Alzheimerpatienten (14 von 22) und 25,0 % der leicht kognitive beeinträchtigten Patienten (2 von 8) zeigten die Alzheimerablagerungen – sie wurden also im bildgebenden Verfahren positiv auf Beta-Amyloid getestet. Die Menge des AD7c-NTP-Proteins im Urin war interessanterweise höher (2,27 ng/ml), wenn die Patienten Ablagerungen zeigten, als wenn dies nicht der Fall war (0,55 ng/ml). Anhand dieses Urinwerts ließen sich damit die Patienten, die wahrscheinlich an Alzheimer erkrankt waren, von denen unterscheiden, die sicher nicht an Alzheimer erkrankt waren. Die Denkleistungs- und psychiatrischen Tests schienen bis auf einen Wert dagegen nicht mit dem Urinwert übereinzustimmen. Lediglich die bei Demenzpatienten häufige Unruhe zeigte sich bei hoher AD7c-NTP-Konzentration auch verstärkt.
Die Urinkonzentration des nervenschädigenden AD7c-NTP-Proteins zeigte demnach eine gute Vorhersage über die alzheimertypischen Ablagerungen im Gehirn und spiegelte ebenso ein Verhaltenssymptom der Alzheimerdemenz, die Unruhe, wieder. Damit erlaubt dieser Wert möglicherweise eine günstige, schnelle und patientenfreundliche Diagnosealternative. Die klinische Anerkennung einer solchen Diagnostik könnte eventuell auch Patienten in frühen Stadien einer möglichen Erkrankung erkennen und ihnen schneller eine optimierte Behandlung ermöglichen.
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