Mesenchymale Stromazellen und spezielles Medium könnten neuen Therapieansatz für Multiple Sklerose bergen
Original Titel:
Mesenchymal stem cells and conditioned media in the treatment of multiple sclerosis patients: Clinical, ophthalmological and radiological assessments of safety and efficacy
Da Multiple Sklerose bisher nicht heilbar ist und die Betroffenen meist auch mit Medikamenten irgendwann durch das Fortschreiten der Erkrankung Behinderungen entwickeln, wird an neuen Therapiemöglichkeiten geforscht. Die Therapie mit Stammzellen könnte solch eine Möglichkeit sein. In manchen Ansätzen werden sie getestet, um einen Neustart des gesamten Immunsystems zu ermöglichen, und so die Erkrankung zumindest für einige Jahre zum Stillstand zu bringen.
Eine andere Herangehensweise bieten sogenannte mesenchymale Stromazellen (MSC). Sie sind an vielen Stellen unseres Körpers zu finden und haben normalerweise die Aufgabe Stütz- und Bindegewebe wie Knochen, Muskeln, Bänder, Sehnen, Fettgewebe aufrechtzuerhalten und zu erneuern. Außerdem unterstützen sie die Blutbildung im Knochenmark. Um ihrer Aufgabe nachkommen zu können, sind sie in der Lage, sich in bestimmte Zelltypen zu entwickeln. Dazu gehören Knochenzellen, Knorpelzellen, Muskelzellen, Fettzellen, aber auch bestimmte Nervenzellen. Da sie sich vermutlich nicht selbst erneuern können, zählen sie aber nach aktuellem Forschungsstand nicht zu den ‚echten‘ Stammzellen.
Aufgrund ihrer Fähigkeit sich auch in Nervenzellen zu verwandeln, werden MSCs erforscht hinsichtlich der Behandlung von neurologischen Erkrankungen, darunter auch MS. Besonders interessant macht die MSCs für die Behandlung von MS, da angenommen wird, dass sie unterschiedliche Fähigkeiten haben wie zur Stelle von Verletzungen im Nervensystem zu wandern, das Stoppen der zerstörerischen Entzündung und die Regeneration von beschädigten Bereichen im zentralen Nervensystem. Darüber hinaus sollen sie bestimmte Botenstoffe abgeben, die sich in Laborversuchen als regenerationsstärkend, nervenschützend und immunmodulierend zeigten.
Daher haben Forscher aus Jordanien nicht nur die Behandlung von MS-Patienten mit MSCs in einer klinischen Studie (I/IIa) getestet, sondern erstmals ebenfalls mit dem Medium, in dem sie die Zellen für die Behandlung züchteten – und indem daher die von den Zellen abgegebenen Botenstoffe vorhanden waren.
Zehn MS-Patienten, bei denen die konventionelle Therapie versagt hatte, nahmen an der gesamten Studie teil. Ihnen wurden MSCs aus dem Beckenkamm entnommen. Die Zellen wurden entsprechend aufbereitet und im Labor in einem speziellen Medium gezüchtet. Nach dem Ernten der Zellen wurden diese den Patienten direkt in den Liquorraum gespritzt. Einen Monat später wurde ihnen ebenso Medium verabreicht, in dem ihre mesenchymalen Stromazellen gezüchtet wurden.
Nach der Injektion wurden die Patienten beobachtet, falls Nebenwirkungen auftreten sollten. Die Forscher beobachteten aber keine schweren Nebenwirkungen nach den Injektionen, hauptsächlich vorübergehende, örtlich begrenzte Schmerzen und Kopfschmerzen kamen vor. Mit verschiedenen Test und Magnetresonanztomographie (MRT) wurden die Teilnehmer beurteilt, ob sich ihr Zustand verbesserte. Auch wurden Blutuntersuchungen zu 27 entzündlichen Biomarkern durchgeführt.
Insgesamt besserten sich die Ergebnisse der meisten Tests nach der Behandlung. Die Ausdehnung der im MRT sichtbaren Läsionen hatte aber zugenommen, der Zusammenhang zur Behandlung war statistisch gegeben. Bei sechs der zehn Patienten zeigte sich eine Stabilisierung der Krankheit oder sogar eine Verbesserung der Symptome. Bei zwei Patienten zeigte sich sogar eine herausragende Verbesserung des EDSS-Wertes (kurz für Expanded Disability Status Scale, Skala von 0–10 zur Einschätzung der Behinderung durch MS). Bei einem Patient sank der Wert von 5,5 auf 2 nach 12 Monaten nach der Behandlung, bei dem anderen Patienten sogar von 6 auf 1,5. Die Forscher vermuten, dass die Verbesserung des EDSS-Werts mit der Gabe des speziellen Zellmediums zusammenhängt. Insgesamt bewerteten sie ihr getestetes Protokoll als sicher und machbar. Wie effektiv die Behandlung genau ist, ließ sich aufgrund der kleinen Teilnehmerzahl und der Tatsache, dass die Teilnehmer mit ganz unterschiedlichen Ausgangslagen gestartet sind, nicht beurteilen. Daher kommen die Forscher auch zu keiner abschließenden Schlussfolgerung.
Die vielversprechenden Ergebnisse bestärken die Forscher aber darin, größere klinische Studien zu starten, um die Wirksamkeit von MSCs und dem speziellen Medium, sowohl zusammen als auch einzeln, besser zu verstehen und so zukünftig hoffentlich eine weitere Therapieform der MS werden könnten.
© Alle Rechte: HealthCom