Chronisch kranke Kinder weniger leistungsstark in der Schule
Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz veröffentlichen Ergebnisse des Forschungsprojekts ikidS in Plos One
Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz bestätigen, was viele Lehrkräfte schon lange geahnt haben. Kinder mit chronischen Erkrankungen liegen bereits am Ende der ersten Klasse in den schulischen Kernfächern Lesen, Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaft und Sozialkompetenz deutlich zurück. Dies ergab die erste Auswertung des Forschungsprojekts ikidS (ich komme in die Schule), an dem über 2.000 Familien aus Mainz und Umgebung seit 2014 teilgenommen haben. Die Ergebnisse sind jetzt in dem renommierten Fachjournal Plos One erschienen. Auf Grundlage der Erkenntnisse wollen die Wissenschaftler im nächsten Schritt Maßnahmen entwickeln, um chronisch erkrankte Kinder zukünftig medizinisch und gesundheitspädagogisch gezielter zu versorgen. Auf diese Weise sollen ihnen bestmögliche Bildungschancen zuteilwerden.
Insgesamt werteten die Wissenschaftler um Univ.-Prof. Dr. Urschitz vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) Daten von 1462 Erstklässlern aus der Stadt Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen aus. Sie konnten zeigen, dass etwa 15 Prozent der Kinder eine schulisch relevante chronische Erkrankung aufweisen. „Da sich die schulischen Leistungen dieser Erstklässler erfassen ließen, konnten wir nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen chronischen Erkrankungen und eingeschränktem Leistungsvermögen gibt“, unterstreicht Prof. Urschitz, Kinderarzt und Leiter der Studie. Für die Erfassung des Leistungsvermögens wurden die Kinder von ihren Lehrkräften auf einer fünfstufigen Skala in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik, Naturwissenschaften und Sozialverhalten eingeschätzt. Daraus berechneten die Forscher einen „Leistungswert“ der zwischen -10 (sehr schlecht) und +10 (sehr gut) liegen konnte. Kinder mit chronischen Erkrankungen hatten mit einem Wert von 1,3 im Schnitt eine schlechtere Leistung als Kinder ohne chronische Erkrankungen, die einen mittleren Leistungswert von 2,1 hatten. Dieser Unterschied blieb bestehen auch wenn weitere Faktoren der Schulleistung berücksichtigt wurden (z.B. die Schulbildung der Eltern).<
Zu diesen Ergebnissen kamen die Forscher, indem sie den Fokus auf gesundheitsbezogene und medizinische Faktoren richteten, welche die Einschulung und den frühen Schulerfolg beeinflussen können. Im Zuge der Studie wurden zum einen Daten der Schuleingangsuntersuchungen und zum anderen von Eltern und Lehrkräfte ausgefüllte Fragebögen ausgewertet. Die teilnehmenden Eltern wurden mit ihren Kindern über mehr als ein Jahr begleitet.
Das Projekt verlief insgesamt so erfolgreich, dass 2017 das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Fördermittel für drei weitere Jahre bewilligt hat. „Mein großer Dank geht insbesondere an die über 2000 Familien und fast 70 Schulen mit ihren Lehrkräften, die uns mit sehr viel Engagement und hohem zeitlichen Aufwand unterstützt haben. Ohne sie hätten wir dieses Projekt nicht durchführen können“, bemerkt Prof. Urschitz und ergänzt: „Wir stehen nun in der Pflicht mit diesen Ergebnissen konkrete Verbesserungen für die Kinder zu erzielen. Parallel zu den weiteren Auswertungen wollen wir daher klare Empfehlungen zur Durchführung der Schuleingangsuntersuchung und zur Auswahl von Versorgungs- und Fördermaßnahmen für den Schuleintritt erarbeiten und mit den zuständigen Entscheidungsträgern diskutieren. Ziel muss sein, den Schulerfolg insbesondere für Kinder mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu verbessern.“
Weitere Informationen finden Sie unter: journals.plos.org/plosone/article
Kooperationspartner des Projekts
Aus der Universitätsmedizin Mainz:
Deutsches Kinderkrebsregister, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Geburtenregister Mainzer Modell, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin und Institut für Lehrergesundheit, Augenklinik und Poliklinik, Funktionsbereich für Kinder- und Neuroophthalmologie, Strabologie, Abteilung für Kommunikationsstörungen der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik, Poliklinik für Zahnerhaltungskunde
Aus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz:
Abteilung Psychologie in den Bildungswissenschaften am Psychologischen Institut, Abteilung für Sportmedizin, Prävention und Rehabilitation am Institut für Sportwissenschaft
Weitere Einrichtungen und Verbände:
Abteilung Gesundheitswesen der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz, Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland Pfalz, Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbständigkeit von Schulen, Landeselternbeirat Rheinland-Pfalz, Hauptpersonalrat für die staatlichen Lehrkräfte an Grundschulen Rheinland-Pfalz
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de