Beeinflusst das Asthma der Mutter die Darmflora des Kindes – und damit seine Gesundheit?
Original Titel:
Sex-specific impact of asthma during pregnancy on infant gut microbiota
Asthma ist eine häufige chronische Erkrankung in der Schwangerschaft. Etwa 8 % bis 13 % aller Schwangeren sind davon betroffen, häufig in Kombination mit Allergien gegen Nahrungsmittel oder Umweltreize, wie Pollen oder Hausstaub. Und in der Schwangerschaft scheint das Asthma der Mutter nicht nur Einfluss auf ihre eigene Gesundheit zu haben, sondern auch auf die ihres Kindes.
Schon länger wird vermutet, dass schlecht kontrolliertes Asthma der Mutter während der Schwangerschaft mit einem geringeren Geburtsgewicht des Kindes im Zusammenhang stehen könnte. Auch scheint das Risiko selbst an Asthma zu erkranken für solche Kinder erhöht zu sein. Schwangere mit Asthma müssen außerdem häufiger mit Antibiotika behandelt werden und es werden öfter Kaiserschnitte durchgeführt. Der Einsatz von Antibiotika während der Schwangerschaft kann ebenfalls das Risiko für Asthma beim Ungeborenen erhöhen. Es wird außerdem vermutet, das eine Antibiotikabehandlung in der Schwangerschaft das Geburtsgewicht reduziert, was wiederum mit einem höheren Risiko für Übergewicht und anderen chronischen Erkrankungen im späteren Leben in Zusammenhang gebracht wird.
In den letzten Jahren gab es außerdem Erkenntnisse dazu, dass die Besiedlung des Darms durch Mikroorganismen des Neugeborenen wichtig für die Entwicklung ist. Dabei spielen sowohl die Anzahl als auch die Zusammensetzung eine Rolle. Nimmt man alle Mikroorganismen zusammen, die den Darm besiedeln, spricht man von der Darmflora oder neuerdings auch vom menschlichen Darm-Mikrobiom. Sie helfen uns bei der Verdauung, sind wichtig für die Entwicklung das Immunsystem und weitere Funktionen werden aktuell erforscht. Man geht inzwischen davon aus, dass die Darmmikroben auch eine Rolle bei der Entstehung oder dem Schutz vor bestimmten Erkrankungen haben können.
Bei Säuglingen weiß man, dass die Besiedlung des Darms mit bestimmen Arten von Milchsäurebakterien (Lactobacillus) auch wichtig für das Wachstum der Kinder ist. Abhängig von Anzahl und Art legen die Kinder unterschiedlich gut an Gewicht zu. Diese nützlichen Bakterien werden von der Mutter auf das Kind übertragen, vor allem bei der vaginalen Geburt und beim Stillen. Der Einsatz von Antibiotika in der Schwangerschaft, ein Kaiserschnitt oder wenn nicht gestillt werden kann oder möchte, kann also Einfluss auf die Übertragung der Bakterien von Mutter auf Kind haben. Für Mütter mit einer Atopie, also einer erblichen Veranlagung für Überempfindlichkeitsreaktionen, wurde gezeigt, dass ihre Kinder nach der Geburt weniger Lactobacilli im Darm hatten. Zu den Erkrankungen, die durch eine Atopie ausgelöst werden, zählen Allergien, Ekzeme, Neurodermitis und auch Asthma. Könnte also auch das Asthma der Mutter einen Einfluss auf das Darm-Mikrobiom von Neugeborenen haben?
Kanadische Forscher sind dieser Frage nachgegangen und haben 1021 Mütter und ihre gesunden, zum erwarteten Termin geborene Säuglinge untersucht. Bei den Kindern wurde im Alter von drei bis vier Monaten geschaut, wie viele und welche Mikroorganismen in einer Stuhlprobe zu finden sind. Diese Daten wurden dann verglichen zwischen Müttern mit und solchen ohne Asthma. Auch der mögliche Einfluss des Geschlechts des Kindes, der Ethnie der Mutter, ein bereits bestehendes Übergewicht vor der Schwangerschaft, des Atopiestatus der Mutter, die Art der Geburt, ob gestillt wurde und ob die Mutter im Geburtszeitraum mit Antibiotika behandelt wurde, wurde berücksichtigt.
Und in der Tat stellten die Forscher Unterschiede im Darm-Mikrobiom der Säuglinge fest. Säuglinge von Müttern mit Asthma hatten weniger Lactobacilli im Darm. Das traf besonders zu auf neugeborene, weiße Jungen (kaukasische Abstammung). Noch verstärkt wurde diese Abnahme, wenn Mütter kaukasischer Abstammung mit Asthma vor der Schwangerschaft bereits übergewichtig waren oder Allergien gegen Lebensmittel oder Umweltreize hatten. Die beobachtete Reduktion der Darmbakterien war vergleichbar zu denen, die bei Säuglingen von Müttern mit Ekzemen oder einer Atopie beobachtet wurden. In der kanadischen Studie hatten neugeborene Jungen von Müttern mit Asthma etwa zwei Drittel seltener viele Lactobacilli im Darm, unabhängig von mütterlichem Übergewicht, Atopiestatus, Art der Geburt oder wie die Säuglinge ernährt wurden (Stillen vs. Fläschchenkost). Dieser Zusammenhang war für Mädchen nicht vorhanden. Das passt zu der Beobachtung, dass Jungen im Kleinkindalter ein höheres Risiko haben, ein Giemen (pfeifendes Atmen durch eine Verengung der Atemwege) zu entwickeln, als Mädchen.
Abgesehen von einer Reduzierung von Lactobacilli fanden die Forscher bei neugeborenen Jungen von Müttern mit Asthma aber keine weiteren Veränderungen der Darmflora. Bei Mädchen hingegen, deren Mütter Asthma hatten und übergewichtig waren, zeigte sich eine Verschiebung von bestimmten Bakterienarten zugunsten von anderen Arten.
Die Forscher sind überzeugt, dass die Ergebnisse ein erster Beleg dafür sind, dass mütterliches Asthma das Darm-Mikrobiom der Neugeborenen beeinflusst, unabhängig von der Art der Geburt und Faktoren nach der Geburt, die eine Rolle spielen könnten. Die geringere Anzahl von Lactobacilli scheint ein weiterer Weg zu sein, wie ständiges Asthma bei männlichen Kleinkindern kaukasischer Abstammung entsteht. Weniger Lactobacilli im Darm zu haben macht männliche Säuglinge außerdem anfälliger für Krankheitserreger. Die Veränderungen in der Darmflora bei Mädchen von Müttern von Asthma hingegen könnten einen schützenden Effekt haben.
Für Frauen mit Asthma und Übergewicht, die planen schwanger zu werden, könnte es also sinnvoll sein, zu versuchen ihr Gewicht und damit auch das Asthmarisiko ihres zukünftigen Kindes zu verringern. Für Frauen mit Asthma, die bereits schwanger sind, sollte die Einnahme von Antibiotika genau geprüft werden und ein eventueller Wunschkaiserschnitt überdacht werden. Sowohl Antibiotika als auch ein Kaiserschnitt sind aber oftmals unumgänglich und dienen der Gesundheit von Mutter und Kind.
Probiotika zur Unterstützung von Darm- und Vaginalflora gibt es schon heute. Bei Frauen führte die Einnahme zu mehr Stoffen, die Wachstum und Entwicklung des Immunsystems fördern in der Muttermilch und bei Säuglingen scheinen sie die Gewichtszunahme zu fördern. Die Anwendung sollte aber immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, da der Einsatz bei Säuglingen noch erforscht wird.
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