Prostatakrebs
Aktiv abwarten oder radikal Handeln bei Prostatakrebs im frühen Stadium?
Original Titel:
Follow-up of Prostatectomy versus Observation for Early Prostate Cancer.
Die Therapie der Wahl ist beim Prostatakrebs meistens die operative Prostataentfernung (radikale Prostatektomie). Die Operation ist trotz moderner Techniken mit dem Auftreten von ernsthaften Nebenwirkungen verbunden, die sich oft erst längere Zeit nach dem Eingriff bemerkbar machen. Wenn sich der Tumor schon vor der Operation im Körper ausgebreitet hat, kann es auch nach der Prostataentfernung zu einem Krankheitsrückfall kommen, sodass weitere Therapien notwendig werden. Da der Prostatakrebs oft nur sehr langsam wächst, bietet die aktive Überwachung eine mögliche Alternative für Patienten, bei denen der Tumor noch auf die Prostata beschränkt ist. Dabei werden die PSA (prostataspezifisches Antigen)-Werte, Gewebeproben des Tumors (zur Einschätzung der Aggressivität durch den sogenannten Gleason Score) und die Größe des Tumors durch Tastuntersuchung in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Ziel der aktiven Überwachung ist es, unnötige Behandlung und damit verbundene Nebenwirkungen aufzuschieben oder sogar zu vermeiden. Diese Vorgehensweise soll die Lebensqualität der Patienten möglichst lange erhalten.
Langzeitdaten wurden erfasst
In der PIVOT- Studie haben Forscher über einen Zeitraum von knapp 20 Jahren den Therapieverlauf von 731 Männern mit lokal begrenztem Prostatakrebs untersucht, die sich entweder der radikalen Prostatektomie oder aktiver Beobachtung unterzogen hatten. Von den Patienten, die sich operieren ließen, starben 61,3 % (223 von 364 Patienten) und von denen, die sich aktiv beobachten ließen, starben 66,8 % (245 von 367 Patienten). In den meisten Fällen war der jedoch Tod altersbedingt und wurde nicht durch die Krebserkrankung verursacht.
Einfluss des Vorgehens auf das Sterberisiko, den Krankheitsverlauf und Nebenwirkungen
Von den operierten Patienten starben 7,4 % (27 Patienten) und von den aktiv Beobachteten starben 11,4 % (42 Patienten) an den Folgen des Prostatakrebses. In der Patientengruppe mit mittlerem Risiko war die allgemeine Sterblichkeit der operierten Patienten um 14,5 % niedriger als bei denen unter aktiver Beobachtung. In den Patientengruppen mit niedrigem oder hohem Risiko gab es jedoch keine Unterschiede in der Sterberate.
Eine Behandlung des Krankheitsfortgangs war bei den Patienten mit Operation seltener nötig als bei den aktiv beobachteten Patienten. Allerdings litten Patienten, die operativ behandelt wurden, häufiger unter Blaseninkontinenz, Erektionsproblemen und gestörter Sexualfunktion als Patienten, die 10 Jahre lang aktiv beobachtet wurden. Bei operierten Patienten kam es häufiger zu krankheitsbedingten Einschränkungen in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens als bei Patienten, die sich 2 Jahre lang der aktiven Beobachtung unterzogen hatten.
Die Ergebnisse dieser Langzeitstudie zeigen, dass die Prostataentfernung nicht bei allen Patienten mit lokal begrenztem Prostatakrebs eine verringerte Sterberate im Vergleich zur aktiven Beobachtung erzielte. Die Notwendigkeit von Folgetherapien aufgrund von einem Krankheitsfortgang war zwar reduziert, dennoch war der operative Eingriff vermehrt mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden, die die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Wie nach der Diagnose vorgegangen werden sollte, sollte somit anhand des individuellen Risikos abgewägt werden.
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