Roboter als Gesprächstherapeuten: automatische Konversationsagenten für eine kurzfristige kognitive Verhaltenstherapie
Original Titel:
Delivering Cognitive Behavior Therapy to Young Adults With Symptoms of Depression and Anxiety Using a Fully Automated Conversational Agent (Woebot): A Randomized Controlled Trial.
Internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie-Apps können kurzfristig nützlich sein, wie bereits einige Studien demonstriert haben. Typischerweise bleiben Patienten aber nicht längerfristig mit diesen digitalen Therapeuten in Kontakt. Langfristig scheitern die Programme also daran, dass Nutzer das Interesse verlieren. Ein Weg, Patienten darin zu unterstützen, einem solchen Therapieprogramm treu zu bleiben und auch längerfristig mitzuarbeiten, könnte ein Konversationsagent sein: ein Programm, welches die App zu einem zu jeder Zeit konkret ansprechbaren Unterstützer macht. Ziel der Studie von Psychiaterin Dr. Fitzpatrick von der Stanford School of Medicine im US-amerikanischen Kalifornien in Kollaboration mit einer Firma für künstliche Intelligenz für Gesprächsführung war es nun zu ermitteln, ob ein automatischer Gesprächspartner technisch machbar, von Nutzern akzeptiert und, im Rahmen dieser vorläufigen Studie, auch wirksam sein könnte. Dazu wurde ein Programm erstellt, das Universitätsstudenten mit selbst-diagnostizierten Ängsten und Depressionen bei der Selbsthilfe unterstützen sollte.
Förderung der Selbsthilfe bei selbst-diagnostizierten Ängsten und Depressionen?
Dazu wurden 70 Studenten im Alter von 18 bis 28 Jahren rekrutiert. Nach dem Zufallsprinzip wurden 34 Studenten dem Konversationsprogramm mit Selbsthilfe-Anregungen auf Basis der kognitiven Verhaltenstherapie zugeordnet (für 2 Wochen bzw. bis zu 20 Sitzungen), 36 der Teilnehmer erhielten dagegen Zugang zu einem elektronischen Informationsbuch über Depressionen bei Studierenden. Alle Teilnehmer füllten online den generellen Fragebogen zur Patientengesundheit (PHQ), einen Fragebogen zur generalisierten Angststörung (generalized anxiety disorder scale GAD) und einen Fragebogen zu Hoch- und Tieflagen der Stimmung, das heißt dem positiven und negativen Affekt aus. Sämtliche Tests wurden zu Beginn der Studie und 2 bis 3 Wochen später durchgeführt.
Konversationsprogramm auf Basis der kognitiven Verhaltenstherapie versus Informationsbuch zu Depressionen
Die Teilnehmer waren im Mittel 22 Jahre alt. Knapp dreiviertel waren Frauen. Die Studenten, die das Konversationsprogramm benutzen konnten, taten dies im Schnitt 12-mal innerhalb der 2 Wochen. Zu Beginn der Studie unterschieden sich die zwei Behandlungsgruppen nicht voneinander. 58 der 70 Teilnehmer füllten die Fragebögen auch zum Abschluss der Studie aus. Daten von 84 % der Teilnehmer konnten daher analysiert werden. Die depressiven Symptome der Studenten im Konversationsprogramm verringerten sich messbar innerhalb der zwei Wochen, wie die Ergebnisse des Patientengesundheits-Fragebogen ergaben. Die Kontrollgruppe mit dem Informationsbuch zeigte keine solche Verbesserung. In beiden Gruppen litten die Studenten im Anschluss der Studie allerdings unter weniger Ängsten als zuvor (GAD-Werte), hierbei zeigten sich also kaum Vorteile des Gesprächsprogramms in dem kurzen Zeitraum. Bei Befragung der Teilnehmer zeigte sich, dass diese stärker auf die Nutzbarkeit des jeweiligen Programms, also mehr das Prozedere, ansprachen als auf die Inhalte des Programms. Ob ein Buch gelesen werden sollte, oder eine digitale Verhaltenstherapie stattfand, war also den Teilnehmern weniger wichtig, als dass die jeweilige Behandlung praktikabel zu nutzen war.
Depressionen verbessert mit Robotertherapie, Ängste besser mit jeder Behandlung
Grundlegend schien das Gesprächsprogramm also eine machbare Lösung für ein internetbasiertes Therapieprogramm zu sein. Ob Teilnehmer nun aber auch über längere Zeit mit diesem Programm mitarbeiten würden, konnte mit diesem Test nicht gezeigt werden. Die Studie dauerte hierbei schließlich nur 2 Wochen. Weitere längere Studien mit einem Vergleich reiner Gesprächspartnerprogramme (Zuhörer) und tatsächlicher Therapieprogramme werden nun also folgen müssen. Die technischen Möglichkeiten sind allerdings offenbar durchaus da, um Patienten eine digitale Therapieunterstützung zur Seite zu stellen, auch wenn dies bisher sicher, vor allem bei diagnostizierten schweren oder andauernden Depressionen und Ängsten, nur in Ergänzung mit echten, menschlichen Therapeuten sinnvoll erscheint.
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