Kommunikation in der Zelle: wichtiger Teilschritt der Signalübermittlung aufgeklärt
Die Wirksamkeit neuer Arzneistoffe hängt entscheidend vom grundlegenden Verständnis der komplexen Prozesse einer Körperzelle ab. Wissenschaftler der kalifornischen Stanford University und der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben einen wichtigen molekularen Schritt der zellulären Signalweitergabe entschlüsselt und im Fachjournal Nature* veröffentlicht. Ihre Erkenntnisse können dazu beitragen, spezifische Wirkstoffe gegen verschiedene Krankheiten zu entwickeln, zum Beispiel gegen Asthma und Bluthochdruck.
Signale werden innerhalb des Körpers oft mit Hilfe von Botenstoffen übermittelt. Diese Moleküle binden an spezifische Andockstellen auf der Oberfläche der Zielzelle und lösen eine Reihe von Folgereaktionen im Inneren der Zelle aus. Die größte Familie von Andockstellen sind die sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR). Diese GPCRs sind nicht nur an der Verarbeitung von Sinnesreizen beteiligt, sie sind auch ein wichtiges Ziel für die medikamentöse Behandlung von Krankheiten wie Asthma, Schizophrenie, Bluthochdruck und Krebs. 30 bis 40 Prozent aller derzeit verschriebenen Medikamente gegen diese Erkrankungen zielen auf die GPCRs ab. Die Funktionsweise der GPCRs in der Zelle hängt davon ab, wie die Rezeptoren mit verschiedenen Proteinen in der Zelle wechselwirken. Eines dieser Proteine ist das Arrestin. Es steuert, welche Signalwege durch verschiedene Rezeptoren und ihre verschiedenen Bindungspartner aktiviert werden.
Das Ziel der Studie war es, den molekularen Mechanismus der Aktivierung des GPCR-Arrestin-Komplexes aufzuklären. Hierzu wurde mit Hilfe von Computersimulationen und Fluoreszenzspektroskopie die Veränderungen in der molekularen Struktur des an den Rezeptor gebundenen Arrestins überwacht. Die Ergebnisse erlauben erstmals einen detaillierten Einblick in die molekularen Interaktionen von GPCR und Arrestin während der Signalweitergabe in der Zelle. Dr. Martha Sommer vom Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Charité über die Bedeutung ihrer Forschung für die Grundlagenmedizin: „Je besser wir verstehen, wie diese Rezeptoren mit den Bindungspartnern im Inneren der Zelle interagieren, desto besser sind wir in der Lage, Medikamente zu entwickeln, die eine gewünschte therapeutische Wirkung haben, aber unerwünschte und schädliche Nebenwirkungen vermeiden.“ Nachfolgende Studien sollen den Blick auf die Vorgänge zwischen GPCR und Arrestin weiter schärfen, um die Entwicklung von Arzneimitteln zu ermöglichen, die spezifisch auf diesen Signalweg einwirken.
* Latorraca NR, et al. Molecular mechanism of GPCR-mediated arrestin activation. Nature. 2018 May 2. DOI: 10.1038/s41586-018-0077-3.
Kooperation und Förderung
Die Studie ist eine Kooperation zwischen der Charité und Prof. Dr. Ron Dror von der Stanford University in Kalifornien, USA. Die AG Arrestin der Charité wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 740 „Von Molekülen zu Modulen: Organisation und Dynamik zellulärer Funktionseinheiten“.
Bildunterschrift
Molekülstruktur von Arrestin (lila und türkis), gebunden an einen GPCR (rot) in der Zellmembran (horizontale schwarze Linien). Die veröffentlichte Studie untersuchte, wie der „Kern“ und der „Schwanz“ des Rezeptors Veränderungen in der molekularen Struktur von Arrestin auslösen und damit die Bindung von Arrestin an den Rezeptor stimulieren. Copyright: Naomi Latorraca und Ron Dror/Stanford University.
Downloads:
Computersimulation GPCR und Arrestin. Copyright: Naomi Latorraca und Ron Dror/Stanford University (3.3 MB)
Links:
Institut für Medizinische Physik und Biophysik
AG Arrestin am Institut für Medizinische Physik und Biophysik
Originaltext der Publikation in Nature