Migräne
Tag-Nacht-Regulierung mit Melatonin: vielversprechende Wirkung zur Migräneprophylaxe
Original Titel:
The Role of Melatonin in the Treatment of Primary Headache Disorders
Die bisherige Studienlage deutet auf positive Effekte von Melatonin bei der Migränebehandlung. Weitere Studien sollten allerdings genauer die beste Dosierung und Anwendung ermitteln, um eine sichere und wirksame Ergänzung bestehender Therapien zu ermöglichen.
Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Hergestellt wird es spät in der Nacht zum frühen Morgen hin in der Zirbeldrüse im Gehirn, reguliert und angeregt durch den Hypothalamus, ein Kernelement unseres Gehirns bei der Kontrolle grundlegender Funktionen wie Wachen und Schlafen, Atmen und Ähnlichem. Dunkelheit regt die Melatoninausschüttung an. Dies ist mit ein Grund, weswegen helle Beleuchtung kurz vor der Schlafenszeit den Schlaf unruhiger werden lässt: unser Gehirn ist, mit zu geringer Melatoninkonzentration, noch nicht ausreichend auf die Nacht eingestellt.
Melatonin wird immer wieder auch zur Behandlung von sogenannten primären Kopfschmerzen, wie Migräne, Cluster-Kopfschmerz oder Spannungskopfschmerz, eingesetzt. Ist diese Behandlung aber auch sinnvoll? Diese Frage gingen Kinderneurologin Dr. Gelfand vom UCS Kopfschmerzzentrum in San Francisco in den USA und Neurologe Prof. Goadsby vom Kings College London in Großbritannien in einem Übersichtsartikel nach.
Ist die Behandlung mit Melatonin sinnvoll?
Welche Gründe könnte es dafür geben, Melatonin gegen Kopfschmerzen einzusetzen? Tag-Nacht-Rhythmen, auch zirkadiane Rhythmen genannt, sind als Problem bei verschiedensten primären Kopfschmerzen altbekannt. Gerade bei der Migräne sind Schlafstörungen und unregelmäßige Schlafenszeiten als häufige Verstärker oder sogar Auslöser der Attacken inzwischen gut untersucht. Zudem fanden beobachtende Studien, dass Erwachsene an ihren Migränetagen niedrigere Melatoninkonzentrationen haben als sonst für sie gewöhnlich. Auch haben Menschen mit chronischer Migräne durchweg niedrigere Melatoninwerte als Menschen mit der seltener angreifenden episodischen Migräne.
Verschiedene Studien zur Wirksamkeit von Melatonin, im Vergleich zu Placebo, zur Vorbeugung von Migräne und Cluster-Kopfschmerz zeigten auch vielversprechende Ergebnisse. Bei Cluster-Kopfschmerz zeigte sich Melatonin in einer Dosierung von 10 mg wirksamer als das Scheinmedikament. Bei Migräne konnte ebenso eine 3 mg-Dosierung von Melatonin punkten – mit einer Wirksamkeit, die ähnlich der von Amitriptylin (25 mg) war, aber mit besserer Verträglichkeit (Gonçalves und Kollegen, 2016 in der Fachzeitschrift Journal of Neurology, Neurosurgery, and Psychiatry erschienen). Bei dieser Studie, die über 3 Monate je 65 Patienten mit Melatonin, Amitryptilin und Placebo untersuchte, konnten die Patienten monatlich mit Melatonin 2,7 kopfschmerzfreie Tage hinzugewinnen, 2,2 Tage mit Amitriptylin, aber nur 1,2 mit dem Scheinmedikament. Eine frühere Studie mit niedrigerer Dosis (2 mg) und zu geringer Teilnehmerzahl zeigte dagegen keinen Vorteil von Melatonin gegenüber Placebo bei der Prophylaxebehandlung von Migräne. Die beiden Studien unterschieden sich allerdings nicht nur in der Dosierung, sondern auch in der Art der Melatoninbehandlung – Behandlungserfolg zeigte sich mit schnell freigesetztem Melatonin (immediate release), keine Wirkung zeigte dagegen eine langsamer wirkende Form (extended release).
Vielversprechende Ergebnisse mit schnell freigesetztem Melatonin
Studien ohne Placebokontrolle zeigten häufig vielversprechende Ergebnisse mit Melatonin, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne (Fallah und Kollegen, 2015 im medizinwissenschaftlichen Journal Current Drug Safety veröffentlicht).
Die bisherige Studienlage deutet demnach auf positive Effekte von Melatonin besonders bei der Migränebehandlung. Weitere Studien sollten allerdings genauer die beste Dosierung und Anwendung ermitteln, um eine sichere und wirksame Ergänzung bestehender Therapien zu ermöglichen.
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