Morbus Crohn
Wenn keine Therapie anschlägt, könnte Naltrexon bei einer hartnäckigen chronischen Darmentzündung helfen
Original Titel:
Low dose Naltrexone for induction of remission in inflammatory bowel disease patients
Es wird immer wieder nach neuen Wirkstoffen für die Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa geforscht. Denn trotz der vielen bereits verfügbaren Medikamente gibt es immer wieder Patienten, die nicht auf diese ansprechen oder die diese nicht vertragen. Für diese Patienten könnte Naltrexon ein Hoffnungsschimmer sein. Forscher konnten in der folgenden kleinen Studie zeigen, dass Naltrexon in einer niedrigen Dosierung bei einigen Patienten die Symptome linderte. Außerdem schien die Behandlung insgesamt gut verträglich zu sein. Ob sich diese ersten vielversprechenden Ergebnisse auch in weiteren, größeren Studien zeigen, bleibt abzuwarten.
Obwohl es viele neue Entwicklungen und auch einige altbewährte Wirkstoffe für die Behandlung von chronischen Darmentzündungen gibt, gibt es unglücklicherweise noch immer Patienten, die nicht auf diese Wirkstoffe ansprechen oder bei denen diese nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung verlieren. Aus diesem Grund wird immer weiter nach neuen Wirkstoffen geforscht, die auch diesen Patienten helfen könnten. Ein möglicher Wirkstoff, der derzeit bei der Behandlung von Alkoholabhängigen und Drogensüchtigen Anwendung findet, ist Naltrexon. In einer niedrigen Dosierung (1 mg bis 4,5 mg) scheint der Wirkstoff jedoch eine andere Wirkung zu haben als in der Dosierung, mit der Naltrexon normalerweise bei der Suchtbekämpfung eingesetzt wird (50 mg bis 150 mg). Naltrexon in einer niedrigen Dosierung (auch als LDN bezeichnet, kurz für low dose naltrexone) scheint nämlich einen Einfluss auf das Immunsystem zu haben. Da es sich bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa um chronische Entzündungen handelt, könnte sich LDN auf deren Krankheitsverlauf auswirken.
Patienten mit einem hartnäckigen Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa wurden mit Naltrexon in niedriger Dosierung behandelt
Ein Wissenschaftsteam des Erasmus MC-University Medical Centre Rotterdam (Niederlande) untersuchte nun, ob LDN bei Patienten mit einer hartnäckigen chronischen Darmentzündung die Krankheitssymptome lindern kann. Hierzu gaben die Wissenschaftler insgesamt 47 Patienten mit Morbus Crohn (28 Patienten) oder Colitis ulcerosa (19 Patienten), die sich derzeit in einem Krankheitsschub befanden und nicht auf die konventionellen Therapien ansprachen, die Möglichkeit, LDN als begleitende Therapie zu nehmen. Die Einnahme von Naltrexon (4,5 mg) sollte täglich vor dem Zubettgehen erfolgen. Bei den meisten Patienten (41 Patienten, 87,2 %) war zuvor eine Therapie mit mindestens einem neuartigen Wirkstoff, den sogenannten TNF (Tumornekrosefaktor)-Hemmern, zu denen unter anderem Infliximab und Adalimumab zählen, gescheitert. Diese Wirkstoffe werden häufig dann eingesetzt, wenn die konventionellen Therapiemethoden versagt haben. Die Patienten, die vorher nicht mit TNF-Hemmern behandelt wurden (6 Patienten, 40,4 %), hatten sich aus Angst vor Nebenwirkungen bewusst gegen diese entschieden. Alle Patienten wurden 12 Wochen lang begleitet.
Bei etwa drei von vier Patienten konnten die Symptome gelindert werden
Interessanterweise verbesserten sich bei etwa 3 von 4 Patienten (74,5 %) die Krankheitssymptome nachdem sie LDN bekamen. Bei jedem 4. Patienten (25,5 %) konnten die Symptome sogar soweit reduziert werden, dass sie sich in einer Ruhephase der Erkrankung befanden. Außerdem schien LDN die Wundheilung zu fördern und den Zustand bestimmter Zellbestandteile zu verbessern. Der positive Effekt von LDN war unabhängig davon, ob der Patient an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa litt.
Nebenwirkungen der Naltrexon-Therapie
Bezüglich der Nebenwirkungen wurde festgestellt, dass insgesamt 7 Patienten (14,9 %) von solchen betroffen waren. 4 Patienten berichteten von lebhaften Träumen, 2 Patienten von Abgeschlagenheit und 1 Patient klagte über Kopfschmerzen. Die beiden Patienten, die sich vermehrt schläfrig fühlten, brachen die Behandlung schließlich nach 2 Wochen ab. Die lebhaften Träume konnten reduziert werden, indem LDN morgens statt vor dem Schlafengehen genommen wurde.
Naltrexon in niedriger Dosierung konnte somit erste vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von Patienten mit einer chronischen Darmentzündung, die auf andere Therapien nicht ansprachen, liefern. Insgesamt schien die LDN-Behandlung gut verträglich zu sein. Außerdem konnte festgestellt werden, dass der Wirkstoff einen positiven Effekt auf die Zellen hatte. Es ist jedoch anzumerken, dass es in dieser Studie keine Vergleichsgruppe gab – also Patienten, die nicht mit LDN behandelt wurden. Solche Studien müssen zukünftig folgen, um die positiven Ergebnisse tatsächlich auf LDN zurückführen zu können. Ein nächster Schritt wäre außerdem, die Wirkung von LDN auch bei Patienten zu testen, die an einer weniger hartnäckigen Erkrankung leiden.
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