Acetyl-L-Carnitin zur Förderung der Mitochondrienfunktion: Antidepressiva aus Ziegenkäse und Schnitzel?
Original Titel:
Acetyl-l-carnitine Supplementation and the Treatment for Depressive Symptoms
Aus bisherigen Studien deutet sich an, dass Acetyl-L-Carnitin eventuell eine nützliche ergänzende Maßnahme bei der Behandlung von Depressionen sein kann. Die Nahrungsergänzung scheint im Vergleich zu Placebo depressive Symptome messbar lindern zu können. Besonders bei älteren Patienten, bei denen häufiger eine Therapieresistenz gefunden wird, könnte diese Substanz demnach möglicherweise einen Unterschied machen. Weitere Details wie Schweregrad der Depressionen oder Suizidalität, oder ob eine Bipolare Störung vorliegt, werden noch in gezielten, größeren Studien untersucht werden müssen, bevor von ärztlicher Seite eine klare Empfehlung für eine derartige Ergänzung (oder bei leichteren depressiven Symptomen gar eine Monotherapie) gegeben werden kann. Auf keinen Fall sollten Patienten nun auf Grundlage dieser Information ihre Antidepressiva aufgeben und auf Nahrungsergänzung umstellen – wie immer ist auch hierbei der ärztliche Rat unerlässlich. Allerdings könnte die Studie einmal mehr die individuelle Ernährung stärker ins Blickfeld rücken. L-Carnitin, aus dem der Körper selbst Acetyl-L-Carnitin herstellen kann, ist besonders in Fleisch, aber auch manchen Fischen enthalten. Man kann aber auch aus Ziegenkäse oder Steinpilze eventuelle antidepressive Unterstützung dieser Art bekommen. Die Dosierung wird allerdings, bevor weitere Studien klarere Aussagen erlauben, rein dem Geschmack, Hunger und gesundem Menschenverstand überlassen bleiben.
Frühere Studien haben darauf hingedeutet, dass ein Mangel an Acetyl-L-Carnitin (ALCAR) bei der Entwicklung von Depressionen eine Rolle spielen könnte: diese spezielle Form des L-Carnitin ist besser für den Körper verfügbar und kann durch die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn eintreten und dort wirken. Besonders scheint diese Substanz für den Transport von Fettsäuren innerhalb der Energiekraftwerke des Körpers, der Mitochondrien, von Bedeutung zu sein. Entsprechend könnte ein Mangel daran zu einer Störung der normalen Funktion des Energiehaushalts des Körpers führen – und indirekt schließlich zu depressiven Symptomen. Ob allerdings eine Nahrungsergänzung mit Acetyl-L-Carnitin bei einem solchen Mangel Abhilfe schaffen kann, ist bisher unklar.
Kann Nahrungsergänzung mit Acetyl-L-Carnitin Mitochondrien unterstützen und antidepressiv wirken?
Forscher verschiedener neurowissenschaftlicher Institute in Italien, Großbritannien und Brasilien rund um Dr. Veronese vom National Research Council im italienischen Padova führten daher eine systematische Übersichtsstudie und Metaanalyse durch, in der sie Studien zur Wirkung von Nahrungsergänzung mit Acetyl-L-Carnitin auf depressive Symptome verglichen. Aus den größeren Datenbanken ermittelten die Wissenschaftler randomisierte und kontrollierte Studien, in denen also die Ergänzung mit Acetyl-L-Carnitin im Vergleich zu einem Placebo zufällig den Teilnehmern zugeteilt wurde. Diese Studien waren bis Ende 2016 veröffentlicht worden. Dabei konnte in den Studien der Effekt der Substanz allein oder in Kombination mit antidepressiver Medikation untersucht worden sein. Bei Kombination mit Antidepressiva wurde die Wirkung allerdings mit Kontrollbehandlungen mit Placebo, ohne Nahrungsergänzung oder ohne Antidepressiva verglichen. Zur Analyse wurde ein standardisierter mittlerer Unterschied in der Wirkung bestimmt und statistisch verglichen.
L-Carnitin allein oder in Kombination mit antidepressiver Medikation
Es konnten 12 randomisierte und kontrollierte Studien ermittelt werden. In 11 dieser Studien wurde die Nahrungsergänzung mit Acetyl-L-Carnitin als Monotherapie untersucht. Insgesamt waren 791 Studienteilnehmer im durchschnittlichen Alter von 54 Jahren (65 % Frauen) in den Studien erfasst worden. 9 der Studien erlaubten einen Vergleich von Acetyl-L-Carnitin (231 Patienten) mit Placebobehandlung (216 Patienten) bzw. keiner Behandlung (20 Patienten). Dabei zeigte sich, dass die Nahrungsergänzung im Vergleich zum Placebo messbar depressive Symptome linderte. In drei der Studien wurde die Wirkung der Nahrungsergänzung mit der von Antidepressiva verglichen, mit jeweils 162 Patienten. Dabei schien Acetyl-L-Carnitin vergleichbar zu den klassischen antidepressiven Medikamenten auf die depressiven Symptome einzuwirken. Dabei führte die Nahrungsergänzung allerdings zu deutlich weniger Nebenwirkungen oder unerwünschten Ereignissen als die Medikamente. Die Forscher betrachteten schließlich noch, welche Patientengruppen besonders von Acetyl-L-Carnitin profitieren könnten: besonders ältere Erwachsene schienen gut auf die Nahrungsergänzung anzusprechen. Unklar ist allerdings, wie schwer betroffen die jeweiligen Patienten vor der Behandlung waren.
Mehr Studien- und Klärungsbedarf zur möglichen ergänzenden Maßnahme
Damit deutet sich aus den bisherigen Studien an, dass Acetyl-L-Carnitin eventuell eine nützliche ergänzende Maßnahme bei der Behandlung von Depressionen sein kann. Die Nahrungsergänzung scheint im Vergleich zu Placebo depressive Symptome messbar lindern zu können. Besonders bei älteren Patienten, bei denen häufiger eine Therapieresistenz gefunden wird, könnte diese Substanz demnach möglicherweise einen Unterschied machen. Weitere Details wie Schweregrad der Depressionen oder Suizidalität, oder ob eine Bipolare Störung vorliegt, werden noch in gezielten, größeren Studien untersucht werden müssen, bevor von ärztlicher Seite eine klare Empfehlung für eine derartige Ergänzung (oder bei leichteren depressiven Symptomen gar eine Monotherapie) gegeben werden kann. Auf keinen Fall sollten Patienten nun auf Grundlage dieser Information ihre Antidepressiva aufgeben und auf Nahrungsergänzung umstellen – wie immer ist auch hierbei der ärztliche Rat unerlässlich. Allerdings könnte die Studie einmal mehr die individuelle Ernährung stärker ins Blickfeld rücken. L-Carnitin, aus dem der Körper selbst Acetyl-L-Carnitin herstellen kann, ist besonders in Fleisch, aber auch manchen Fischen enthalten. Man kann aber auch aus Ziegenkäse oder Steinpilze eventuelle antidepressive Unterstützung dieser Art bekommen. Die Dosierung wird allerdings, bevor weitere Studien klarere Aussagen erlauben, rein dem Geschmack, Hunger und gesundem Menschenverstand überlassen bleiben.
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