Hasel, Birke oder Gräser?
Mit Mikrofluidik und neuronalen Netzwerken Pollen zuverlässig unterscheiden
Ein miniaturisiertes Labor auf einem Chip ermöglicht hochaufgelöste Mikroskopieaufnahmen von mehreren Tausend Pollenpartikeln innerhalb weniger Sekunden. Neuronale Netzwerke übernehmen die Bildverarbeitung und klassifizieren die Partikel schnell und zuverlässig. Andreas Kleiber, Doktorand am Leibniz-IPHT hat die Methode an verschiedenen hochallergenen Pollenarten getestet. Für seine Ergebnisse, die er während des 3rd Imaging Technology Summer Workshops dedicated to Big Data in Imaging präsentierte, zeichnete ihn die European Society for Molecular Imaging mit dem Posterpreis aus.
In dem briefmarkengroßen Chip strömen in einem schmalen Kanal bis zu 1000 Pollen pro Sekunde an einem Sichtfenster vorbei. Eine Digitalkamera erfasst durch ein Mikroskop-Objektiv jedes einzelne der winzigen Körnchen. Um scharfe Aufnahmen für die anschließende Datenverarbeitung zu erhalten, müssen alle untersuchten Partikel den Flüssigkeitskanal innerhalb der Fokusebene des Objektivs durchfließen. Die Höhe dieser Fokusebene beträgt bei den verwendeten, hochauflösenden Objektiven weniger als ein Hundertstel Millimeter.
Die technologische Herausforderung meisterten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT) mittels eines ausgeklügelten Designs der Bauteile in dem mikrofluidischen Chip. Das patentierte Verfahren ermöglicht die Pollenkörnchen exakt in der Fokusebene auszurichten und so scharfe Aufnahme aller Objekte zu erhalten. „Wie bei einer Düse drücken wir mit zwei Flüssigkeitsströmen von den Seiten den Partikelstrom zu einer Schicht zusammen. Eine neuartige Anordnung der Mikrokanäle dreht die Schicht um 90° in die Fokusebene“, erklärt Andreas Kleiber die Technologie. Der Wissenschaftler forscht im Rahmen seiner Doktorarbeit am Leibniz-IPHT an neuen Methoden zur Hochdurchsatzanalyse von Biopartikeln mittels mikrofluidischer Chips.
Das Prinzip der hydrodynamischen Fokussierung ist aus der Durchflusszytometrie zur Analyse von Zellpopulationen bekannt. Dabei werden die Zellen so fokussiert, dass sie die Messzelle entlang einer Linie, also im Gänsemarsch, durchlaufen. „Neu in unserem System ist, dass wir die Partikel in einer dünnen, zweidimensionalen Lamelle anordnen und dadurch das gesamte Bildfeld der Kamera nutzen. Das macht das Verfahren schnell“, so Kleiber. Die Forscher können die horizontale Position und Dicke der Partikelschicht genau steuern. Damit sind sie in der Lage die Pollen in dem Strom kontrolliert rotieren zu lassen. „Mit den aus der Computertomografie bekannten Verfahren können wir 3D-Bilddaten erzeugen, die wichtige Informationen z.B. über die dreidimensionale Morphologie eines Pollenkorns liefern. Die 3D-Information verbessert die Zuverlässigkeit der Pollenidentifizierung noch einmal deutlich“, erläutert Kleiber. Die Bilder der verschiedenen Pollenarten wertet der Forscher mit Programmen zur Partikelverfolgung und Merkmalauswahl aus. Ein zuvor angelerntes neuronales Netzwerk ordnet die Aufnahmen anhand der extrahierten Daten einer bestimmten Pollenart zu.
Die Treffergenauigkeit beträgt über 98%.
Die Pollen, die aus der Forschungsgruppe Raumklimatologie des Universitätsklinikums Jena stammen, klassifizierten die Forscher ohne zusätzliche Färbung, lediglich anhand der Bildinformationen aus der Mikroskopie. „Wir können die Methode zudem für die Analyse von Zellen anwenden – beispielsweise zur Unterscheidung der Subtypen von weißen Blutzellen“, betont Dr. Thomas Henkel, der die entsprechenden Forschungsarbeiten am Leibniz-IPHT leitet. „Zukünftig soll es mit unserem Chip möglich sein Biopartikel zu sortieren“, so Henkel über die geplanten Forschungsarbeiten, die im Rahmen des Era-NET-DLR Projekts „WaterChip“ von der EU gefördert werden.