Wissensvermittlung zur Bipolaren Störung: sollte Psychoedukation besser allein, in der Gruppe oder mit der Familie stattfinden?
Original Titel:
Randomized Controlled Trials of Psychoeducation Modalities in the Management of Bipolar Disorder
Die vergleichende Studienübersicht fand, dass Psychoedukation in der Gruppe die Krankheitsakzeptanz und Therapietreue förderte, in der Familie förderte sie dagegen eher das Wohlbefinden von Patient und Angehörigen. Beide Methoden verbesserten den Krankheitsverlauf. Zukünftige Studien müssten nun auch direkt verschiedene Psychoedukationsmethoden vergleichen. So könnten die Vor- und Nachteile genauer ermittelt werden. Es ist auch denkbar, dass je nach Stimmungslage oder Erkrankungstyp unterschiedliche Methoden unterschiedlich wirksam sein könnten. Allgemein bieten sich Psychoedukationen aber als sinnvolle Ergänzung der Therapie an, sowohl in der Gruppe mit anderen Betroffenen, als auch in der Familie.
Wie wirksam ist Psychoedukation bei der Bipolaren Störung? Bei der Psychoedukation geht es vor allem um Wissensvermittlung zu der Erkrankung. Ziel ist ein verbessertes Verständnis der Krankheit, möglicher Auslöser für Phasenumschwünge und Vermittlung von Strategien zum Umgang mit der Erkrankung. Die Psychoedukation ist also kein eigentliches Therapieverfahren, spielt trotzdem aber eine wichtige Rolle im Umgang mit der Bipolaren Störung. Das Verfahren kann dabei mit den Patienten allein, in der Gruppe, mit Familienangehörigen oder aber internetbasiert stattfinden. Wissenschaftler des Institute of Mental Health in Singapur unter Leitung von Prof. Kang Sim untersuchten nun den aktuellen Wissensstand dazu, welchen Beitrag diese vier Formen der Psychoedukation zur Bewältigung der Bipolaren Störung liefern.
Wissensvermittlung zur Bipolaren Störung: besser allein, in der Gruppe oder mit der Familie?
Dazu durchsuchten die Forscher medizinwissenschaftliche Datenbanken (Science Direct, Scopus, PubMed/MEDLINE) nach relevanten randomisierten, kontrollierten Studien die bis Februar 2017 veröffentlicht worden waren. Besonders zielten sie also auf solche Untersuchungen ab, in denen die Psychoedukation im Vergleich zu einer Vergleichsmethode getestet wurde und dabei den Patienten zufällig entweder die Wissensvermittlung oder eine Kontrollmethode zugewiesen wurde.
Studienübersicht zu Wissensvermittlung im Vergleich zu Kontrollmethoden
Es konnten 48 Studien ermittelt werden, von denen 40 den gesamten Ansprüchen genügten. Einschlusskriterien waren beispielsweise, dass die Veröffentlichungen in englischer Sprache sein mussten, mehrere Methoden der Psychoedukation verglichen wurden und standardisierte Tests zur Messung der Effekte der Informationsmethoden eingesetzt worden waren.
Die Mehrzahl der Untersuchungen (28 der 40 Studien, 70 %) konzentrierten sich auf Gruppen- und Familien-Psychoedukation und fand vorwiegend positive Auswirkungen dieser Wissensvermittlungen. Besonders wirkte sich die Psychoedukation dabei auf klinische Werte (z. B. gemessene depressive Symptome), die Behandlung (beispielsweise wie konsequent Patienten ihre Behandlung durchführten) und die Funktionalität der Patienten beispielsweise im Alltag. Fand die Psychoedukation in einer Gruppe von Patienten statt, erlitten die Patienten seltener Rückfälle und benötigten seltener einen Krankenhausaufenthalt. Auch die Dauer der Krankenhausbehandlung nahm bei den in Gruppe informierten Patienten ab im Vergleich zu anderen Vermittlungsmethoden oder Kontrollen ohne Wissensvermittlung. Was besonders dabei auffiel: Patienten mit Gruppen-Psychoedukation hielten ihre Behandlung konsequenter bei. Da sehr häufig Lithium als Phasenprophylaxe eingesetzt wurde, konnten auch Blutkonzentrationen dieses Medikaments verglichen werden. Im Mittel erreichten Patienten in der Gruppe auch eher therapeutisch wirksame Lithium-Werte als Patienten mit anderen Methoden. Zusätzlich litten sie weniger unter einem Krankheitsstigma – die Akzeptanz der eigenen Krankheit war also erhöht. Psychoedukation in der Familie führte ebenfalls zu selteneren Rückfällen und Krankenhausaufenthalten. Allgemein war der Krankheitsverlauf besser, wenn die Familienangehörigen gemeinsam mit dem Patienten informiert wurden. Angehörige gewannen durch diese Wissensvermittlung mehr Wissen und Fähigkeiten, auf die Krankheit einzugehen und den Patienten zu unterstützen. Gleichzeitig förderte diese Form der Psychoedukation aber auch das Wohlbefinden der Patienten und entlastete Angehörige, die häufig im akuten Krankheitsfall als Pfleger aktiv wurden. Zu den individuell (Patient allein) und internetbasierten Psychoedukationen fanden sich im Vergleich weniger Untersuchungen, deren Ergebnisse eher uneinheitlich oder negativ ausfielen.
Psychoedukation in Gruppe förderte die Krankheitsakzeptanz und Therapietreue, in der Familie förderte sie Wohlbefinden von Patient und Angehörigen
Beide Methoden verbesserten also nach diesen Ergebnissen den Krankheitsverlauf. Zukünftige Studien müssten nun auch direkt verschiedene Psychoedukationsmethoden vergleichen. So könnten die Vor- und Nachteile genauer ermittelt werden. Es ist auch denkbar, dass je nach Stimmungslage oder Erkrankungstyp unterschiedliche Methoden unterschiedlich wirksam sein könnten. Allgemein bieten sich Psychoedukationen aber als sinnvolle Ergänzung der Therapie an, sowohl in der Gruppe mit anderen Betroffenen, als auch in der Familie.
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