Welche Antikörper könnten zukünftig für die Behandlung der COPD infrage kommen?

Original Titel:
Emerging biological therapies for treating chronic obstructive pulmonary disease: A pairwise and network meta-analysis

MedWiss – Die Entzündung in den Atemwegen bei COPD-Patienten lässt sich oft mit Kortison nicht ausreichend behandeln. Die Wirkstoffe greifen nicht an der richtigen Stelle. Daher wird nach anderen entzündungshemmenden Wirkstoffen gesucht, die bei COPD eingesetzt werden können. Hier könnten zukünftig Biologika eine Rolle spielen, besonders solche, die die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Interleukin 5 hemmen, zeigt eine Studie, die bisherige Erkenntnisse dazu ausgewertet hat.


Der in der Alltagssprache verwendete Begriff Kortison umfasst eine ganze Gruppe von Wirkstoffen. Sie sind alle dem wichtigsten Stresshormon, dass unser Körper produziert, nachempfunden und auch so benannt: das Kortison. Seine Aufgabe im Körper ist vor allem schnell viel Energie bereitzustellen. Stresssituationen bedeuten für unseren Körper noch immer die Vorbereitung auf Kampf oder Flucht. Gegen Entzündungen wird Kortison eingesetzt aufgrund seiner Wirkung auf die Zellen unseres Immunsystems, die an Entzündungen beteiligt sind.

Kortison sorgt dafür, dass sie sich weniger vermehren, weniger im Körper verteilen und weniger entzündungsfördernde Botenstoffe ausschütten. Gerade das ist bei lokaler Anwendung wie der Inhalation wichtig, hier bremst das Kortison die entzündliche Aktivität der Immunzellen vor Ort. Doch bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung scheint Kortison nicht immer ausreichend zu greifen. Die Entzündung in den Atemwegen vieler Patienten lässt sich auch mit Kortison nicht richtig bremsen, wie es z. B. bei Asthma eher der Fall ist. Die Entzündung zu bremsen ist aber ab einem bestimmten Punkt wichtig, um den Fortschritt der Erkrankung zu verlangsamen. Daher sucht die Forschung nach anderen entzündungshemmenden Wirkstoffen, die bei COPD eingesetzt werden könnten.

Antikörper greifen gezielt in Signalwege ein

Hier könnten besonders innovative Wirkstoffe interessant sein. Antikörper, die gezielt bestimmte Botenstoffe der Immunzellen hemmen, könnten für die Behandlung von COPD geeignet sein. Forscher aus Italien haben daher die Studiendaten zu Antikörpern, die möglicherweise für die Behandlung von COPD infrage kämen, ausgewertet. Dabei fanden sie Daten zu verschiedenen Antikörpern. Dazu gehören Antikörper, die Botenstoffe aus der Interleukin-1-Familie hemmen (Canakinumab, MEDI8986). Diese Botenstoffe fördern Entzündungen, in dem sie bestimmte Immunzellen aktivieren und die Ausschüttung anderer entzündungsfördernder Botenstoffe anregen. Der Antikörper Canakinumab ist bereits für die Behandlung anderer Erkrankungen zugelassen, MEDI8986 hingegen befindet sich aktuell noch in der Erprobung.

Antikörper gegen den Botenstoff Interleukin 5 werden bereits bei Asthma eingesetzt

Ein weiteres Ziel bei der Behandlung von COPD könnte der Botenstoff Interleukin 5 sein. Interleukin 5 fördert Entzündungsreaktionen und ist auch an Allergien beteiligt. Die Interleukin 5 hemmenden Antikörper Mepolizumab und Benralizumab werden bereits erfolgreich bei der Behandlung von schwerem Asthma eingesetzt.

Interleukin 8 trägt zu Entzündungen bei, indem es weitere Immunzellen anlockt. Ein Antikörper, der sich gegen diesen Botenstoff richtet, ist ABX-IL8. Leider gab es in den letzten Jahren keine neuen Ergebnisse zu dem Antikörper.

Infliximab wird bereits bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt

Neben den Interleukinen spielt auch der Botenstoff TNF alpha eine Rolle bei Entzündungen. Er aktiviert eine ganze Reihe spezieller Stoffe, die ebenfalls an der Entzündungsreaktion beteiligt sind, und sorgt für die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe. TNF-alpha-Hemmer, wie der Antikörper Infliximab, könnten daher auch bei COPD helfen. Infliximab wird bei der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn, rheumatoider Arthritis und Schuppenflechte bereits angewendet.

Die Auswertung der Daten aus Studien zum Einsatz dieser Antikörper bei der Behandlung ergab eine moderate Wirkung auf die Vermeidung von akuten Verschlechterungen durch die entzündungshemmende Wirkung. Auf die Lungenfunktion und die Lebensqualität schien die Behandlung mit diesen Antikörpern keinen deutlichen Einfluss zu haben. Schauten sich die italienischen Forscher aber COPD-Patienten mit einer erhöhten Anzahl bestimmter Immunzellen im Blut, den Eosinophilen, genauer an, zeigte sich, dass die Antikörper Mepolizumab und Benralizumab durchaus helfen könnten.

Mehr Eosinophile im Blut deuten auf bestimmten Entzündungstyp hin

Eosinophile sind spezielle Immunzellen, die durch den Botenstoff Interleukin 5 angeregt werden. Bei Entzündungen, die von diesen Immunzellen befeuert werden, können daher Antikörper, die sich gegen Interleukin 5 richten, helfen, die Entzündung zu mindern. Die italienischen Forscher fanden Hinweise, dass Mepolizumab einen positiven Effekt auf das Risiko für akute Verschlechterungen hatte. Benralizumab dagegen zeigte sich wirksamer bei der Verbesserung der Lungenfunktion und der Lebensqualität der behandelten Patienten. Die italienischen Forscher sind daher überzeugt, dass innovative Wirkstoffe, die in den Signalweg von Interleukin 5 eingreifen, einen Vorteil für COPD-Patienten mit erhöhten Eosinophilen-Werten bieten.

Inwieweit die anderen untersuchten Antikörper hilfreich sein könnten und für welche COPD-Patienten eine Antikörperbehandlung infrage kommt, müssen weitere Studien zeigen. Denn nicht jeder Antikörper wirkt auch bei jedem Patienten und auch diese innovativen Therapien sind nicht frei von Nebenwirkungen. Die Behandlung mit Kortison könnte dann aber nicht mehr die einzige Option sein, um der Entzündung der Atemwege bei COPD Einhalt zu gebieten.

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