Leukämie
Die Zahl der weißen Blutkörperchen könnte bei der neudiagnostizierten akuten Promyelozytenleukämie (APL) zur Therapieoptimierung beitragen
Original Titel:
Influence of initiation time and white blood cell count on the efficacy of cytotoxic agents in acute promyelocytic leukemia during induction treatment
MedWiss – Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Zahl der weißen Blutkörperchen bei einer neudiagnostizierten akuten Promyelozytenleukämie (APL) mit niedrigem bis mittlerem Risiko eine Optimierung der Therapie erlauben kann. Die seit Einführung der Therapie mit ATRA (All-trans-Retinsäure) bereits recht guten Heilungsraten bei der APL könnten somit noch verbessert werden. Patienten mit hoher Leukozytenzahl litten häufiger als andere unter dem Differenzierungssyndrom nach der ATRA-Behandlung und hatten auch ein erhöhtes Risiko, früh zu versterben. Die Chemotherapie sollte demnach möglichst begonnen werden, bevor die Leukozytenzahl auf Werte über 4 x 109/l ansteigt, um die Prognose zu verbessern.
Wie kann die Prognose von Patienten mit einer akuten promyeloischen Leukämie oder akuten Promyelozytenleukämie (APL) verbessert werden? Die APL stellt etwa 5 % der Krankheitsfälle mit akuter myeloischer Leukämie (AML) dar, ist also eher selten. Betroffen sind typischerweise Menschen im mittleren Alter. Bei dieser Erkrankung steht eine spezielle Mutation im Vordergrund, die die normale Weiterentwicklung der Myelozyten stört. Die Heilungsrate ist, im Vergleich zu anderen AML-Erkrankungen, eher hoch. Dafür ist besonders die schnelle Diagnose und umgehende Therapie wichtig. Das größte Risiko stellt die hohe Rate an früher Sterblichkeit dar, entweder kurz vor oder kurz nach Beginn der Therapie. Besonders eine hohe Leukozytenzahl konnte bereits als möglicher Risikofaktor ausgemacht werden. Bei der Leukämie kann die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) im Blut deutlich mehr ansteigen, als es bei einer normalen Infektion der Fall wäre. Wie hängt also der Therapieerfolg mit der Leukozytenzahl zusammen? Dies untersuchten nun chinesische Forscher rund um den Hämatologen Dr. Meng vom Nanfang Hospital der Southern Medical University in Guangzhou.
Wie hängt also der Therapieerfolg mit der Leukozytenzahl zusammen?
Die Studie analysierte rückblickend 96 Patienten mit neudiagnostizierter APL. Das Sterblichkeitsrisiko der Patienten wurde als niedrig bis mittel eingeschätzt. ATRA (kurz für All-trans-Retinsäure) in Kombination mit Chemotherapie kann die Überlebensrate der Patienten verdoppeln. Die Behandlung erfolgte daher zuerst mit ATRA, im Anschluss daran folgte eine Chemotherapie. Die Forscher gruppierten die Patienten nach der Zahl ihrer weißen Blutkörperchen in drei Gruppen: mit niedriger Leukozytenzahl (weniger als 4 x 109/l), mittlerer Leukozytenzahl (zwischen 4 x 109/l und 15 x 109/l) und hoher Leukozytenzahl (mehr als 15 x 109/l). Außerdem wurden die Patienten danach gruppiert, wann die Chemotherapie begann: Innerhalb von 3 Tagen nach der ATRA-Behandlung, oder mehr als 3 Tage nach der ATRA-Behandlung. Die jeweiligen Behandlungsergebnisse wurden zwischen diesen Behandlungsgruppen verglichen.
Gruppierung der Patienten nach Zahl der weißen Blutkörperchen und Zeitverlauf der Behandlung
Es fanden sich tatsächlich Unterschiede im Behandlungserfolg je nachdem, welcher Gruppe die Patienten zugeordnet waren. Besonders gefürchtet ist das lebensbedrohliche Differenzierungssyndrom, früher auch als ATRA-Syndrom bekannt: dabei kann es unter anderem zu hohem Fieber und Atemproblemen kommen. Bei den Patienten mit niedriger Leukozytenzahl entwickelten 0 % das Differenzierungssyndrom. Mit mittlerer Leukozytenzahl waren 11,1 % der Patienten betroffen. Patienten mit hoher Leukozytenzahl erlitten im Vergleich sehr häufig (40 %) diese schwere Nebenwirkung. Auch die Zahl der Patienten, die eine komplette Remission erreichten, war höher mit niedrigeren (90,5 %) und mittleren Leukozytenzahlen (100 %) als mit hohen Leukozytenzahlen (73,3 %). Ebenso war das Risiko, früh im Verlauf der Behandlung zu versterben, niedriger mit niedrigen (4,8 %) und mittleren (0,0 %) Leukozytenzahlen. Dagegen verstarb jeder vierte Patient (26,7 %) mit hoher Leukozytenzahl im Verlauf der Therapie. Wann die Chemotherapie begann, schien dagegen weniger kritisch zu sein. Lediglich die Zeit bis zu einer kompletten Remission war länger und Blutungen im Verlauf der Chemotherapie waren häufiger, wenn eine Chemotherapie mehr als drei Tage nach der ATRA-Behandlung gestartet wurde. Damit zeigte sich eine hohe Leukozytenzahl als wichtigster Faktor in dieser Untersuchung, um ein erhöhtes Risiko für das gefährliche Differenzierungssyndrom (Odds ratio 1,058), frühere Sterblichkeit (1,036) und eine weniger gute Chance auf Remission vorherzusagen.
Leukozytenzahl als wesentlicher Risikofaktor
Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Zahl der weißen Blutkörperchen bei einer neudiagnostizierten APL mit niedrigem bis mittlerem Risiko eine Optimierung der Therapie erlauben kann. Die seit Einführung der Therapie mit ATRA (All-trans-Retinsäure) bereits recht guten Heilungsraten bei der APL könnten somit noch verbessert werden. Patienten mit hoher Leukozytenzahl litten häufiger als andere unter dem Differenzierungssyndrom nach der ATRA-Behandlung und hatten auch ein erhöhtes Risiko, früh zu versterben. Die Chemotherapie sollte demnach möglichst begonnen werden, bevor die Leukozytenzahl auf Werte über 4 x 109/l ansteigt, um die Prognose zu verbessern. Die Studie sollte nun durch Behandlungsdaten in anderen Ländern überprüft werden.
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