Schatzkammer der Wissenschaft – Eröffnung des größten deutschen Bioprobenlagers für die Gesundheitsforschung
Das Helmholtz Zentrum München eröffnete heute den Neubau des zentralen Bioprobenlagers für die deutschlandweite NAKO Gesundheitsstudie. Mit rund 21 Millionen Bioproben ist es das größte Lager seiner Art in Deutschland – ein wissenschaftlicher Schatz für die Medizin der Zukunft. Das Gebäude fungiert wie ein zentraler Tresor. Durch ein ausgeklügeltes Kühlsystem und Hightech-Logistik werden die Bioproben in riesigen Tanks gelagert. Die feierliche Eröffnung fand heute im Beisein von Ministerialdirigent Dr. Johannes Eberle vom Bayerischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst statt.
Nach dreijähriger Bauzeit wurde das neue Biorepository heute eröffnet. Es hütet einen wissenschaftlichen Schatz, bestehend aus rund 21 Millionen Bioproben, die im Zuge der Langzeit-Bevölkerungsstudie NAKO gewonnen und über einen Zeitraum von 30 Jahren eingelagert werden. „Ihre enorme Dimension und deutschlandweite Ausrichtung verschaffen der NAKO eine hohe internationale Aufmerksamkeit und werden die Reputation der medizinischen Forschung in Bayern und Deutschland noch weiter steigern. Die Bedeutung von Bioproben für die moderne medizinische Forschung ist kaum zu überschätzen, vor allem wenn sie wie hier für einen repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt in hoher Qualität und einer Vielzahl an standardisierten Untersuchungsdaten vorliegen. Ich bin mir sicher, dass dieser Proben- und Datenschatz beim Helmholtz Zentrum München in sicheren Händen sein wird“, sagte Ministerialdirigent Dr. Johannes Eberle heute anlässlich der Eröffnungsfeier und wünschte allen Beteiligten „viel Erfolg mit dem Probenspeicher der Superlative“.
„Das Biorepository ist ein biomedizinisches Archiv für nachfolgende Generationen und somit eine Investition in die Medizin der Zukunft. Die Masse an Daten ist notwendig, um die molekularen Tiefen der Krankheitsentstehung erforschen und daraus Rückschlüsse für eine personalisierte Medizin ziehen zu können“, so Prof. Dr. med. Dr. h.c. Matthias H. Tschöp, CEO des Helmholtz Zentrums München. „Im besten Falle können wir so in Zukunft Fragen beantworten, auf die wir heute noch keine Antworten haben – oder die wir uns so noch gar nicht stellen“, ergänzt Tschöp.
Die NAKO Gesundheitsstudie – Ursprung der Biodaten
Seit 2014 werden in der NAKO Gesundheitsstudie per Zufallsprinzip aus den Melderegistern gezogene Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren bundesweit in 18 Studienzentren medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt. Bis Mitte nächsten Jahres werden somit Blut und andere Biomaterialien von 200.000 Personen vorliegen, anhand derer beispielsweise Biomarker für die frühe Entdeckung von Krankheiten entwickelt werden. Für jeden Teilnehmer fallen bis zu neun verschiedene Bioproben an, die wiederum auf über 100 Teilproben aufgeteilt werden. Dadurch gibt es auch in der Zukunft ideal gelagerte Bioproben.
„Die NAKO ist ein außergewöhnliches Forschungsprojekt, das von einem Netzwerk deutscher Forschungseinrichtungen organisiert wird und die gesammelte epidemiologische Expertise Deutschlands zusammengebracht hat“, beschreibt Prof. Dr. rer. biol. hum. Annette Peters, Vorsitzende des Vorstandes der NAKO-Gesundheitsstudie und Direktorin des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum, das Projekt. „Ziel ist es, chronische Erkrankungen, wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Infektionen und Depression genauer zu erforschen, um Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser weit verbreiteten Krankheiten zu verbessern“, sagt Peters.
Zwei Lagersysteme bewahren den Probenschatz bei Minusgraden
Bei der heutigen Veranstaltung stand den Teilnehmern das Herzstück des Biorepository das vollautomatische minus 180 Grad Celsius Lager, in dem der Großteil der Blutproben der NAKO in bis zu 23 Stickstofftanks gelagert werden, zur Besichtigung offen. Jeder dieser Tanks kann rund eine Million Proben aufnehmen. Ein weiteres, teilautomatisiertes minus 80 Grad Lager fasst rund 2,7 Millionen Proben. Ein Spezialroboter, der auch bei sehr kalten Temperaturen funktioniert, übernimmt den Ein- und Auslagerungsprozess, so dass Proben für wissenschaftliche Fragestellungen schnell und sicher entnommen werden können.
„Die komplette Kühlkette, von der Blutabnahme bis zur Einlagerung ist bei einer Studie dieser Größe weltweit einzigartig. Aus meiner Sicht ist diese Anlage mit ihrer innovativen Technik ein echter Quantensprung. Durch unser System werden Forschende über Jahrzehnte hinweg auf Bioproben höchster Qualität zurückgreifen können“ erläutert Peters. „Somit sind die besten Voraussetzungen geschaffen, künftig besser verstehen zu können, wie Krankheiten entstehen und dies für eine individualisierte Prävention zu nutzen“ ergänzt die Wissenschaftlerin.
Datensichere Verwaltung durch hochmodernes Labormanagementsystem
„Unser hochmodernes Labor-Informations- und Management-System überwacht alle Schritte auf dem Weg der Probe von der Entnahme bis zur Einlagerung. Jedes Probenröhrchen trägt einen individuellen Barcode und ist dadurch jederzeit auffindbar.“ erläutert Dr. Andreas Hörlein, Leiter des Bioprobenlagers während des Rundgangs. Die Untersuchungs- und Probedaten werden pseudonymisiert gespeichert.
Mit dem Betrieb des zentralen Biorepository im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie stellt das Helmholtz Zentrum München wissenschaftliche Expertise und modernste Infrastruktur in den Dienst der Gesundheitsforschung.
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Allergien und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Die NAKO Gesundheitsstudie (kurz: NAKO) ist eine deutschlandweite Langzeit-Bevölkerungsstudie (Dauer 20-30 Jahre) mit 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Seit 2014 werden in der NAKO zufällig aus den Melderegistern gezogene Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren bundesweit in 18 Studienzentren medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt. Ziel ist es, chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Infektionen und Depression genauer zu erforschen, um Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser in der Bevölkerung weit verbreiteten Krankheiten zu verbessern. Das multizentrische Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, den beteiligten Ländern und der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert.
Das Institut für Epidemiologie (EPI) erforscht die Zusammenhänge von Umwelt, Lebensstil und Genetik bei der Entstehung und Progression verschiedener Krankheiten. Im Fokus stehen Stoffwechsel-, Atemwegs- und allergische Erkrankungen, aber auch Herzkreislauferkrankungen und die mentale Gesundheit. Das Ziel ist auf der einen Seite, die molekularen Mechanismen der Krankheitsentstehung in der Bevölkerung besser zu verstehen. Auf der anderen Seite dienen die wissenschaftlichen Studien dazu, neue Wege in der Prävention auf individuellerer Ebene zu gehen als auch eine evidenzbasierte Gesundheitsvorsorge durch verbesserte Umweltbedingungen zu ermöglichen. Die Forschung stützt sich unter anderem auf die einzigartigen bevölkerungsbasierten KORA-Ressourcen (Kohorte, Herzinfarktregister, Aerosol-Messstation). Folgestudien innerhalb der Kohorte ermöglichen die Untersuchung von Frühformen und Komplikationen ausgewählter chronischer Erkrankungen und deren Verbreitung in der Bevölkerung. Darüber hinaus kommen Daten und biologische Proben aus den Geburtskohorten GINI und LISA. Das Institut ist zudem federführend an Planung und Aufbau der NAKO Gesundheitsstudie beteiligt und baut das zentrale Bioproben-Lager der NAKO.