Multiple Sklerose
Behandlung mit Alemtuzumab birgt Risiko für opportunistische Infektionen
Original Titel:
Risk of opportunistic infections in patients treated with alemtuzumab for multiple sclerosis.
MedWiss – Der Antikörper Alemtuzumab wirkt, indem er Immunzellen zerstört. Das kann opportunistischen Infektionen den Weg ebnen. Präventionsmaßnahmen können vorbeugen helfen.
Der Antikörper Alemtuzumab bindet gezielt an B- und T-Zellen und zerstört diese. So werden die Immunzellen schnell und lang anhaltend aus dem Blut entfernt und können keine Entzündungen im zentralen Nervensystem verursachen. Diesen Umstand können aber auch Keime ausnutzen, mit denen unser Immunsystem normalerweise gut klarkommt. Infektionen, die durch eine Schwächung des Immunsystems begünstigt werden, nennt man auch opportunistische Infektionen.
Behandlung mit Alemtuzumab erhöht Infektionsrisiko
Menschen mit Multipler Sklerose, die mit Alemtuzumab behandelt werden, haben ein höheres Risiko für solche opportunistischen Infektionen. Wie groß das Risiko für solche Infektionen durch die Zerstörung der Immunzellen ist, ist noch nicht ganz verstanden. In klinischen Studien zu dem Wirkstoff wurde beobachtet, dass mehr als 70 % der Patienten Infektionen hatten. Diese waren hauptsächlich mild bis moderat in ihrer Schwere.
Wenige schwere oder seltene Infektionen
Es wurden nach der Markteinführung von Alemtuzumab für die Behandlung von MS aber auch Fälle mit schweren, seltenen oder untypischen Infektionen dokumentiert. Da noch nicht ganz klar ist, welche Merkmale und Risikofaktoren für opportunistische Infektionen eine Rolle spielen, gibt es bisher nur ein paar Präventionsmaßnahmen, die Patienten empfohlen werden.
Vorbeugen von Infektionen ist wichtig
Zu den empfohlenen gezielten Präventionsmaßnahmen gehören die Anti-Herpes-Prophylaxe, eine Listerien-freie Ernährung, Tuberkulose-Prophylaxe und ein jährliches Papillomavirus-Screening. Bei Erwachsenen trägt so gut wie jeder bereits Herpesviren in sich, die aber oftmals keine Probleme bereiten. Ein geschwächtes Immunsystem nutzen die Viren jedoch aus, weswegen z. B. gerade bei Stress Herpesbläschen erneut auftreten können. Zur Anti-Herpes-Prophylaxe für Menschen mit geschwächtem Immunsystem wird neben antiviralen Medikamenten auch empfohlen, gewisse Hygieneregeln einzuhalten.
Rohmilchprodukte können Listerien enthalten
Listerien sind Bakterien, die praktisch überall in unserer Umwelt in geringer Anzahl vorkommen. Da sie sehr anspruchslos sind, können sie auch in Wasser vermehren. Bestimmte Arten von Listerien können uns aber auch krank machen. Das geschieht am häufigsten durch nicht hygienisch einwandfrei hergestellte Nahrungsmittel. Aber auch in Rohmilch und Rohmilchkäse sind oft Listerien enthalten. Immungeschwächten Menschen, Schwangeren und kleinen Kindern wird daher vom Verzehr von Rohmilchprodukten abgeraten. Auch auf pflanzlicher Nahrung können sich höhere Konzentrationen von Listerien finden, wenn die Felder mit Jauche gedüngt wurden. Hier hilft es Gemüse, auch küchenfertig abgepacktes Gemüse, gründlich abzuwaschen.
Gegen Tuberkulose hilft nur Abstand halten und Händewaschen
Auch Tuberkulose wird durch ein Bakterium verursacht. Am häufigsten ist die Lungentuberkulose. Die Ansteckung ist ähnlich wie bei einer Erkältung über kleinste Tröpfchen, die beim Niesen, Husten und Sprechen entstehen. Hier helfen vor allem entsprechende Hygieneregeln, wie auch bei Erkältung oder Grippe, z. B. regelmäßiges Händewaschen und sich nicht anhusten oder anniesen zu lassen. Die Impfung gegen Tuberkulose wird in Deutschland seit Ende der 90er Jahre nicht mehr grundsätzlich empfohlen, da die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung als recht gering gilt. Die Impfung verhindert außerdem nicht die Ansteckung, sie senkt aber das Risiko für schwere Verläufe, und ist als Lebendimpfstoff nicht für immungeschwächte Personen geeignet.
Humane Papillomaviren können auch Krebs verursachen
Humane Papillomaviren (HPV) befallen Haut und Schleimhäute. Dort führen sie zu Veränderungen des Hautwachstums, es entstehen meist gutartige Wucherungen und Warzen. Manche humane Papillomaviren können aber auch bösartige Veränderungen hervorrufen, am häufigsten ist der Gebärmutterhalskrebs. Aber auch andere Tumore im Genitalbereich scheinen durch die Viren ausgelöst zu werden. Für Frauen gibt es daher die Möglichkeit, jährlich die Vorsorgeuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs wahrzunehmen. Seit einigen Jahren gibt es inzwischen auch eine Impfung gegen Infektionen mit Stämmen, die besonders häufig zu Gebärmutterhalskrebs führen. Die Impfung wird in der Regel Kindern und Jugendlichen vor dem ersten Geschlechtsverkehr verabreicht, da die Viren dabei übertragen werden können.
Ärzte sollen weitere Maßnahmen überdenken
Ärzten empfehlen die Experten außerdem, frühere Infektionskrankheiten und den Impfstatus der Patienten im Blick zu haben und gegebenenfalls weitere Prophylaxe-Strategien anzuwenden. Dazu könne gehören, den Patient auf weitere möglicherweise im Körper schlummernde Erreger, die die Immunsuppression ausnutzen könnten, zu testen. Auch Präventionsmaßnahmen, um Reaktivierungen von bestimmten Viren und Infektionen mit Pilzen, die eine Lungenentzündung hervorrufen können, zu verhindern, sind mögliche Optionen.
Patienten, die mit Alemtuzumab behandelt werden, sollten mit ihrem Arzt über das Infektionsrisiko sprechen und sich bei Anzeichen einer Infektion mit ihrem Arzt in Verbindung setzen. Weitere Beiträge zu Alemtuzumab, sowie die Zusammenfassung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) finden Sie im Bereich „Innovative Arzneimittel“ des DeutschenGesundheitsPortals.
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