Hautkrebs-Risiko bei Blutdruck-Therapie mit HCT: Absetzen der Präparate kann lebensbedrohlich sein
Information für Patienten
Neue Studien zeigen ein erhöhtes Risiko bei mit Hydrochlorothiazid (HCT) behandelten Bluthochdruckpatienten, an sogenanntem weißen Hautkrebs zu erkranken. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie warnt eindringlich davor, Medikamente aufgrund dieser Studienergebnisse ohne ärztliche Rücksprache abzusetzen.
Düsseldorf, 31.10.2018 – Schätzungen zufolge leiden 20 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland an Bluthochdruck und müssen regelmäßig blutdrucksenkende Medikamente einnehmen. Einer der am häufigsten verschriebenen Wirkstoffe ist das zur Gruppe der entwässernden Medikamente (Diuretika) gehörende Hydrochlorothiazid (HCT). Der Wirkstoff wurde nun mit einem erhöhten Risiko für weißen Hautkrebs in Zusammenhang gebracht.
Studienergebnisse nur bedingt aussagekräftig
Zwei Studien auf Basis von Daten aus dem dänischen Krebsregister und dem nationalen Verschreibungsregister zeigen ein erhöhtes Vorkommen von nicht-melanozytärem, d.h. sogenanntem weißen Hautkrebs bei mit HCT behandelten Patienten. Diese Art des Hautkrebses ist deutlich weniger aggressiv als der schwarze Hautkrebs, das Melanom, weil er selten auf weitere Organe übergreift. Der weiße Hautkrebs ist extrem selten. DGK-Pressesprecher Prof. Dr. Michael Böhm gibt außerdem zu bedenken: „Die Studienergebnisse sind nur begrenzt aussagekräftig, da weitere Auslöser für den weißen Hautkrebs, wie die Sonnenexposition, die familiäre Krankheitsgeschichte oder die verschiedenen Hauttypen der Patienten nicht untersucht wurden.“
Medikamente auf keinen Fall absetzen
Experten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie warnen ausdrücklich davor, HCT-haltige Medikamente abzusetzen. „Wie außerordentlich wichtig eine blutdrucksenkende Therapie ist, zeigen uns belastbare Studiendaten“, erklärt Prof. Dr. Felix Mahfoud vom Universitätsklinikum des Saarlandes. „Die Senkung des systolischen Blutdrucks geht nachweislich auch mit einer Senkung der Sterblichkeit einher. Tatsächlich könnte das Absetzen von blutdrucksenkenden Medikamenten die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden oder eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, deutlich erhöhen.“ Prof. Dr. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung fügt hinzu: „Hochdruckpatienten, die bereits medikamentös behandelt werden, sollten auf keinen Fall ihre Therapie eigenhändig unterbrechen. Sollten sie einen Wechsel auf ein anderes Hochdruckmedikament wünschen, müssen sie sich an ihren behandelnden Arzt wenden, der ihre Therapie gegebenenfalls anpasst.“
Welche Alternativen gibt es?
Neben HCT sind andere vergleichbare Wirkstoffe verfügbar. Diese sind allerdings nicht in
den häufig verschriebenen und empfohlenen Kombinationspräparaten enthalten. Prof. Dr. Ulrich Laufs vom Universitätsklinikum Leipzig warnt: “Negative Effekte von Bluthochdruck, z.B. ein Schlaganfall und Herzinfarkt, sind sehr häufig und real. Von den kombinierten Präparaten zu Einzelpräparaten zu wechseln, sollte nur wenigen Patienten geraten werden, weil Kombipräparate nachweislich die Einnahmetreue der Patienten erhöhen und somit für eine deutlich effektivere Senkung oder gar Normalisierung des Blutdrucks sorgen.“
Prof. Mahfoud ergänzt: „Bei einem Patienten mit einer Hautkrebsvorerkrankung oder auch dem Auftreten von Hautkrebs ist ein Wechsel zu alternativen Wirkstoffen ohne Frage angeraten.“
Was können Patienten zur Verringerung des Hautkrebsrisikos tun?
Der weiße Hautkrebs ist sehr selten. Generell ist anzuraten, die Haut regelmäßig auf neue Veränderungen insbesondere an bestehenden Hautveränderungen zu untersuchen und gegebenenfalls ein Hautkrebs-Screening bei einem Facharzt vornehmen zu lassen. Nach aktueller Studienlage sollten Patienten, die HCT als Einzel- oder Kombipräparat über mehrere Jahre eingenommen haben, diese Empfehlung besonders ernst nehmen und ihre Haut regelmäßig auf Hautveränderungen untersuchen lassen. Das Risiko aller Formen von Hautkrebs kann durch einen angemessenen Sonnenschutz bzw. das Vermeiden von übermäßiger Einwirkung von Sonnenlicht und UV-Strahlen vermindert werden.
Vor allem aber sollten Blutdruckmedikamente weiterhin gemäß dem Behandlungsplan eingenommen werden. „Eine mögliche Verunsicherung der Patienten ist nachvollziehbar“, so Prof. Böhm. „Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass ein unbehandelter und unkontrollierter Bluthochdruck lebensbedrohliche Konsequenzen haben kann.“
Literatur
Pressemitteilung der DGK vom 31.10.2018: „Erhöhtes Hautkrebs-Risiko bei HCT-Therapie: DGK warnt eindringlich vor Absetzen der Präparate. Information für Fachkreise.“
https://dgk.org/presse/. Zugriff am 31.10.2018.
Rote-Hand-Brief zu Hydrochlorothiazid: Risiko von nicht-melanozytärem Hautkrebs (Basalzellkarzinom; Plattenepithelkarzinom der Haut), https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/20181017.pdf. Zugriff am 31.10.2018.
Pedersen et al., Hydrochlorothiazide use and risk of nonmelanoma skin cancer: A nationwide case-control study from Denmark. J Am Acad Dermatol 2018;78:673-681. https://www.jaad.org/article/S0190-9622(17)32741-X/fulltext. Zugriff am 31.10.2018.
Pottegard A, Hallas J, Olesen M, Svendsen MT, Habel LA, Friedman GD, Friis S. Hydrochlorothiazide use is strongly associated with risk of lip cancer. J Intern Med 2017; 282: 322–331.
http://findresearcher.sdu.dk/portal/files/128961683/Potteg_rd_et_al_2017_Journal…. Zugriff am 31.10.2018.
Infos für Patienten: Der Ratgeber „Bluthochdruck: Was tun?“ (56 S.) kann kostenfrei bei der Deutschen Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/Bluthochdruck-Sonderband.html oder unter Tel. 069 955128400 angefordert werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org