Migräne

Wenn schon leichte Berührung schmerzt: gegen Allodynie bei chronischer Migräne könnten Triptane oder Schall helfen

Original Titel:
The use of focused ultrasound for the treatment of cutaneous allodynia associated with chronic migraine

MedWiss – Ultraschall stellt eine Art der nicht-invasiven Nervenstimulation dar. Die aktuelle Untersuchung fand mit dieser Methode Linderung der kutanen Allodynie, einer starken Überempfindlichkeit der Haut für Berührungen. Allodynie stellt für chronische Schmerzpatienten wie Betroffene mit Migräne eine besondere Belastung dar, spielte aber bisher in Untersuchungen nur eine nachrangige Rolle.


Eine chronische Migräne, die nicht ausreichend auf Medikamente anspricht, benötigt innovative Behandlungsansätze. Besonders schwer wiegen bei dieser Erkrankung nicht nur die Attacken selbst, sondern auch die Begleiterscheinungen der Migräne wie starke Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit sowie eine typische Folge einer chronischen Schmerzerkrankung wie die Allodynie. Bei der kutanen (die Haut betreffenden) Allodynie können schon leichte Berührungen schmerzhaft wahrgenommen werden. Das Schmerzsystem des Patienten ist also infolge der häufigen Schmerzen überaktiv und reagiert selbst auf alltägliche, eigentlich schmerzlose Reize mit einem deutlichen Warnsignal. Können Migränebehandlungen aber gegen diese Folge der Erkrankung helfen?

Kutane Allodynie: wenn schon leichte Berührungen schmerzen

Neben der bereits bekannten Botox-Spritze, die vielen Betroffenen bereits ein paar Tage frei von Attacken verschaffen kann, werden auch Steroid-Behandlungen oder verschiedene Formen von Nervenstimulation experimentell eingesetzt. Optimal sollten solche Methoden nicht-invasiv sein, also ohne eine Operation nutzbar sein. Beispiele für solche Behandlungen sind die elektrische Stimulation von Nerven durch die Haut oder magnetisch ausgelöste Ströme mit der TMS-Methode. Eine weitere Form der Nervenstimulation kann mit Ultraschall durchgeführt werden. Dabei geht es allerdings nicht um den Ultraschall, mit dem der Arzt manche Untersuchungen durchführt, sondern um einen speziell ‚fokussierten‘, also gebündelten und in Pulsen abgesetzten Ultraschall. Die nicht hörbaren Ultraschallwellen kommen dabei also sozusagen in kleineren Päckchen gezielt an der zu behandelnden Stelle an. Vergleichbar zu anderen Methoden können so beispielsweise Vagusnerv oder Okzipitalnerv stimuliert werden. Bekannt ist die Methode bisher vor allem als Operationstechnik (mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall), wird aber mehr und mehr auch für neurologische Behandlungen, durch Haut oder Schädel hindurch, erforscht (Krishna und Kollegen, 2018 im Fachjournal JAMA Neurology erschienen).

Innovation: mit Schall statt elektrisch oder magnetisch Nerven anregen

Ob dies bei einer chronischen Migräne und damit einhergehender Allodynie helfen kann, wurde nun mithilfe eines Tiermodells untersucht. Zum Vergleich wurden die mechanischen Schwellen des Tiers ermittelt, also die Empfindlichkeit seines Tastsinns. Bei einer chronischen Migräne (und auch oft während einer episodischen Migräneattacke) ist der Bereich rund um die Augen, die sogenannte periorbitale Region, empfindlicher. Berührungen in diesem Bereich können besonders oft als schmerzhaft empfunden werden. Diese Region wurde nun auch beim Tier auf ihre Tastempfindlichkeit untersucht.

Die Tastschwellen rund um die Augen wurden durch eine Behandlung mit Sumatriptan erhöht – die Tiere reagierten also unempfindlicher auf die Berührung, nachdem sie mit dem Migränemedikament behandelt worden waren. Vergleichbar wirkte aber auch der fokussierte Ultraschall. Dieser Effekt der normalisierten Tastempfindlichkeit mit Medikament und Ultraschall konnte sogar drei Tage nach der Behandlung gezeigt werden.

Linderung der gesteigerten Schmerzantwort im Tiermodell sowohl mit Triptan als auch mit Nervenstimulation durch Schall

Die Untersuchung deutet damit auf Ultraschall als weitere Option der nicht invasiven Nervenstimulation. Wie geeignet die Technologie zur Anwendung bei menschlichen Migränepatienten ist und welche Nerven genau optimal behandelt werden könnten, wird nun in weiteren Studien untersucht werden müssen. Spannend ist in dieser Untersuchung aber besonders auch die Messung und Linderung der kutanen Allodynie, eine starke Überempfindlichkeit der Haut für Berührungen, die für chronische Schmerzpatienten wie Betroffene mit Migräne eine besondere Belastung darstellt, aber bisher in Untersuchungen nur eine nachrangige Rolle spielt.

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