Neuartige Leukämie- und Lymphomtherapie verfügbar
Am 22. Oktober 2018 wurde in der Schweiz eine innovative Immuntherapie zugelassen, die bei Rückfällen von Leukämien und Lymphknotenkrebs eingesetzt werden kann. Das Inselspital bietet seit Anfang der Woche als erstes Spital den Betroffenen die neue Behandlung mit eigenen Immunzellen an.
Es ist ein Meilenstein in der Onkologie: Erstmals gibt es in der Schweiz eine personalisierte Immuntherapie für Patientinnen und Patienten, die an aggressiven Leukämien oder Lymphknotenkrebs erkrankt waren und einen Rückfall erlitten haben. Nach ihrer Zulassung am 22. Oktober 2018 ist das Inselspital das erste onkologische Zentrum, das die neue Therapie anwenden darf. Behandelt werden können hier junge Erwachsene, die an einer akuten lymphatischen Leukämie litten und nun erneut erkrankten, sowie Erwachsene mit aggressiven Lymphomen.
Den Krebs mit dem eigenen Immunsystem bekämpfen
«Bisherige Immuntherapien stimulierten die körpereigene Abwehr generell. Sie sind also nicht besonders zielgerichtet,» erklärt PD Dr. med. Urban Novak vom Inselspital. «Der neue Therapieansatz befähigt die Abwehrzellen der Betroffenen, zuvor erfolgreich versteckte Tumorzellen gezielt aufzuspüren und zu beseitigen. Das ist der Schritt zu einer spezifischen, personalisierten Behandlung.»
Leukämie-Stammzellen von Patientinnen und Patienten, die einen Rückfall erleiden, sind resistent gegen die meisten vorhandenen Krebstherapien. Daher setzt die Medizin grosse Hoffnungen auf Behandlungsansätze, bei denen das Immunsystem der Erkrankten selbst den Krebs bekämpft. Die neuartige CAR-T-Therapie basiert auf den körpereigenen veränderten Immunzellen (sogenannte CAR-T-Zellen). Diese werden den Erkrankten entnommen und ausserhalb des Körpers genetisch so programmiert, dass sie die Krebszellen dort angreifen, wo diese keine Schutzmechanismen aufbauen können. Zurück im Körper, bekämpfen sie den Krebs zielsicher.
Anlaufstelle mit großer Erfahrung
Mit dem ersten nun zugelassenen «lebenden Medikament» wird medizinisches Neuland betreten. Nur wenige Kliniken weltweit haben es bisher im Rahmen von Studien angewendet. Daher hat der Hersteller ein Vorgehen gewählt, bei dem diese Therapie in der Schweiz nach und nach an einer begrenzten Anzahl von Krebszentren angewendet werden soll, welche langjährige Erfahrung in der Therapie von Leukämien und Lymphomen haben. Den Anfang macht nun das Inselspital in Bern. Die neue Therapie erfolgt dort interdisziplinär durch Expertinnen und Experten der Medizinischen Onkologie, Hämatologie, Hämatoonkologie, Intensivmedizin, Infektiologie sowie Neurologie.
Weil das Medikament in der Regel stationär verabreicht wird, können die erfahrenen Teams vor Ort schnell reagieren, falls mögliche Nebenwirkungen auftreten, etwa eine Überreaktion des Immunsystems, temporäre neurologische Ausfälle oder Infektionen. Allerdings gilt auch hier: Krebstherapien sind oft sehr belastend, und grundsätzlich werden sie nur dort angewendet, wo der Nutzen für die Betroffenen überwiegt.
Forschung für zielgerichtetere Krebstherapien
Das Inselspital engagiert sich stark in der Erforschung von Immuntherapien gegen Krebs. Bereits seit 2003 erforscht das onkologische Team um Chefarzt und Direktor der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie Prof. Dr. med. Adrian Ochsenbein in einem spezialisierten Labor für Tumorimmunologie potentielle neue Ansätze in der Behandlung von Leukämie. Aktuell ist das Inselspital auch als einziges Schweizer Zentrum an einer internationalen Studie beteiligt, welche das Potential eines weiteren CAR-T-Zell-Präparats zur personalisierten Behandlung bei Lymphknotenkrebs untersucht.
Am Tumorzentrum Bern sind die Immuntherapie bei Leukämien, Lymphomen und soliden Tumoren, die personalisierte und zielgerichtete Behandlung von Krebskrankheiten und die Therapie von Krebserkrankungen mit körpereigenen Stammzellen wichtige Forschungsschwerpunkte. So ist das Inselspital das mit Abstand grösste Zentrum für autologe Stammzell-Transplantationen in der Schweiz. Diesen Schwerpunkt entwickelt es mit der neuen CAR-T-Therapie konsequent weiter.