Münchner Studierendenteam entwickelt neues Herstellungsverfahren für Viren gegen Bakterien
Bakterien, die gegen bekannte Antibiotika resistent werden, nehmen zu. Ein Studierendenteam der Technischen Universität München (TUM) und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) entwickelte eine neue Herstellungsmethode für Bakteriophagen, den natürlichen Feinden von Bakterien, um sie als alternative Behandlungsmethode gegen bakterielle Infektionen zu nutzen. Das Team erzielte den zweiten Platz von über 350 Teams beim renommierten internationalen iGEM-Wettbewerb.
Bakteriophagen sind Viren, die Bakterien befallen und diese töten können. Sie gelten als eine wirkungsvolle Alternative zu Antibiotika. Es fehlt aber noch an geeigneten Herstellungsmethoden für die Phagen, was die therapeutische Anwendung bisher erschwert hat. Für den „internationalen Genetically Engineered Machine“-Wettbewerb (iGEM) entwickelte das Münchner Studierendenteam in dem Projekt „Phactory“ ein Verfahren, mit dem die Produktion der Bakteriophagen sicher, schnell und unkompliziert möglich ist. Studierende aus verschiedenen Disziplinen, wie der Molekularbiologie, Biotechnologie, Bioinformatik und Elektrotechnik, arbeiteten hierfür zusammen.
Produktion ohne Zellen möglich
Ein Problem bei der Herstellung ist, dass Phagen für ihre Vermehrung eine Wirtszelle benötigen – also ein Bakterium. Allerdings sind krankheitsauslösende Bakterien gefährlich und benötigen im Labor hohe Sicherheitsmaßnahmen. Im Zentrum des neuen Verfahrens steht deshalb ein zellfreies System, das die Phagen sicher und ohne Kontamination herstellen kann. Im Zuge ihres Projekts gelang dem Team die Herstellung von Bakteriophagen gegen EHEC-Infektionen – in Deutschland aufgrund der Epidemie im Jahr 2011 bekannt.
Zusätzlich entwickelte das Team eine Software, die ermitteln kann, ob die hergestellten Phagen mit Erbgut von anderen Bakterien oder Viren verunreinigt sind. Die Reinheit der Phagen ist vor allem für eine therapeutische Anwendung im Menschen sehr wichtig. Um die Bakteriophagen als Medikament durch den Mund aufnehmen zu können, stellten sie zudem eine Hülle aus unterschiedlichen organischen Materialien her, die dafür sorgt, dass die Phagen durch die Magensäfte nicht zerstört werden und an ihren Wirkort im Darm gelangen.
Für ihre Arbeit erhielt das Team neben dem zweiten Platz noch weitere Auszeichnungen in den Kategorien „Best Manufacturing Project“, „Best Software Tool“, „Best Presentation“, „Best Wiki“ und „Best Entrepreneurship“.
Über den Wettbewerb
Der iGEM-Wettbewerb richtet sich an Forschungsprojekte von Studierenden weltweit, die sich mit der synthetischen Biologie beschäftigen. Sie wird jedes Jahr von der „international Genetically Engineered Machine Foundation“, einer unabhängigen Non-Profit-Organisation in Boston ausgerichtet. Der Wettbewerb entstand ursprünglich am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Insgesamt nahmen 2018 an dem Wettbewerb, der jedes Jahr in Boston ausgetragen wird, über 350 Teams teil.
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Das Team arbeitete in den Laboren von Prof. Dr. Friedrich Simmel und Prof. Dr. Gil Westmeyer an der TU München, sowie im Labor von Prof. Dr. Kirsten Jung an der LMU. Den Anstoß für das Projekt gab das DFG-Graduiertenkolleg „Molecular Principles of Synthetic Biology“. Unterstützt wurde das Team zudem durch Sponsoren und das Netzwerk der UnternehmerTUM. Bei der Abschlusspräsentation und dem Poster wurde das Team von ProLehre beraten. Die Studie wurde von den Firmen Promega, GenScript, Arbor Biosciences, Eppendorf, Th. Geyer und 4titude finanziell unterstützt.