Multigentest ermöglicht gezielten Einsatz von Chemotherapien bei Brustkrebs

Multigentest als sinnvolle Entscheidungshilfe bei Brustkrebs

Seit einigen Jahren werden in der Brustkrebstherapie Multigentests eingesetzt, um zu ermitteln, wie hoch das Metastasierungsrisiko ist. Ein Team des Brustzentrums  am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) hat jetzt Ergebnisse aus der klinischen Routine vorgestellt. Diesen zufolge hilft der am Klinikum eingesetzte Multigentest tatsächlich, Chemotherapien gezielter einzusetzen und damit die Heilungschancen zu verbessern.

Seit November 2011 wird in der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar bei Patientinnen mit einer bestimmten Brustkrebs-Variante – hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs – ein sogenannter Multigentest eingesetzt. Mit diesem lässt sich anhand von Gewebeproben und weiteren klinischen  Merkmalen eine Aussage darüber treffen, wie hoch das Risiko für die Patientin ist, dass sich in Zukunft Metastasen bilden. „Anhand des Testergebnisses, das neben molekularbiologischen Tumoreigenschaften auch  die  individuellen Faktoren Tumorgröße und Lymphknotenbefall mit einbezieht, entscheiden Ärztinnen und Ärzte, ob zusätzlich zu einer operativen Entfernung des Tumors und der anschließenden antihormonellen Behandlung auch eine Chemotherapie sinnvoll ist“, erläutert Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik. „Bei einem niedrigen Risiko einer Metastasierung kann eine Chemotherapie eine unnötige schwere Belastung sein, bei einem hohen Risiko kann die Therapie verhindern, dass später neue Tumoren entstehen.“

Auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium in den Vereinigten Staaten, einem der weltweit wichtigsten Fachkongresse für Brustkrebs, hat Dr. Johannes Ettl, leitender Oberarzt am interdisziplinären Brustzentrum der Frauenklinik, jetzt die Ergebnisse einer unabhängigen, nicht von einem Test-Hersteller beauftragten Versorgungsstudie zu dem im Brustzentrum eingesetzten Test vorgestellt.

373 Patientinnen getestet

Für die Studie analysierten Ettl und sein Team, wie die Brustkrebs-Erkrankung von 373 Patientinnen in den Jahren nach dem Beginn der ersten Behandlung und dem damit verbundenen Test tatsächlich verlief. Der Test hatte  für 238 Patientinnen (63,8%) ein niedriges Risiko, für 135 (36,2%) ein hohes Risiko ergeben. Es zeigte sich, dass nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 3,5 Jahren  bei Patientinnen in der „Hochrisiko-Gruppe“ im Vergleich zur „Niedrigrisiko-Gruppe“ in der Praxis die Wahrscheinlichkeit  doppelt so hoch war, dass der Brustkrebs wieder auftrat und sogar fünfmal so hoch war, dass sich Metastasen in anderen Organen bildeten. Unter den Niedrigrisikopatientinnen und den Hochrisikopatientinnen, die zusätzlich zur Antihormontablette mit Chemotherapie behandelt wurden, lebten nach drei Jahren 96,6 Prozent (Niedrigrisiko-Gruppe) bzw. 96,3 Prozent (Hochrisiko und Chemotherapie) ohne Brustkrebs. Bei den Patientinnen mit hohem Risiko, bei denen trotz der testbasierten Empfehlung der Ärztinnen und Ärzte keine Chemotherapie eingesetzt wurde, waren es dagegen nur 91,5 Prozent.

„Unsere Beobachtungsstudie liefert erstmals Daten aus der klinischen Routine-Versorgung, die zeigen, dass der Test tatsächlich wichtige Anhaltspunkte für die Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie liefern kann“, sagt Prof. Marion Kiechle. „Gensignaturtests sind wichtige Werkzeuge, die uns helfen, Chemotherapien gezielter einzusetzen und sowohl einen unnötigen Einsatz dieser stark belastenden Therapien als auch einen potenziell folgenschweren Verzicht auf eine  Chemotherapie bei hohem Metastasierungsrisiko zu vermeiden.“

Studie auf der Website der Konferenz:

https://www.abstracts2view.com/sabcs18/view.php?nu=SABCS18L_1275&terms

Mehr Informationen:

Gegenstand der Untersuchung war der EndoPredict-Test, einer der vier in Deutschland  am häufigsten eingesetzten Multigentests bei Brustkrebs. Bei seiner Einführung 2011 war er der erste Test, der sowohl Gensignaturen als auch klassische klinische Parameter wie die Tumorgröße und den Befall von Lymphknoten berücksichtigte.