Migräne
Nachträgliche Analyse von Galcanezumab-Studien: länger migränekopfschmerzfrei mit dem CGRP-Antikörper
Original Titel:
100% Response Rate to Galcanezumab in Patients With Episodic Migraine: A Post Hoc Analysis of the Results From Phase 3, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled EVOLVE-1 and EVOLVE-2 Studies.
MedWiss – Die nachträgliche Analyse zweier klinischer Studien zur Wirksamkeit des monoklonalen Antikörpers Galcanezumab ermittelte, wie häufig Patienten damit migränefrei wurden. Eine solche 100 %-Wirkung erreichten die meisten Patienten mit episodischer Migräne in den letzten drei Monaten der halbjährigen Untersuchungen. Mit dem neuen Mittel war jeder 5. Patient zum Ende der Studie migränekopfschmerzfrei.
Das Migräneeiweiß CGRP (kurz für das englische calcitonin gene-related peptide, übersetzt: Calcitoningen‐bezogenes Peptid) wirkt auf die Weite der Blutgefäße unter anderem im Nervensystem ein und ist dadurch an Migräneanfällen beteiligt. In früheren Untersuchungen wurde deutlich mehr CGRP besonders während Migräneattacken im Blut gefunden. Triptane, die klassischen Akutmedikamente bei Migräne, senken dagegen die Menge an CGRP im Blut. Galcanezumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der in gentechnisch veränderten Lebewesen hergestellt wird. Der Antikörper bindet sich gezielt an CGRP und macht es so für die Körperabwehr sichtbar. Anschließend kann es vom Immunsystem aus dem Blutkreislauf entfernt werden. Inzwischen konnte mehrfach gezeigt werden, dass auch die neuesten Medikamente, die Antikörper gegen CGRP wie Galcanezumab, eine Menge gegen Migräne ausrichten können. Aber wie stark können diese Medikamente tatsächlich die Zahl der migränebedingten Kopfschmerztage der Betroffenen senken?
Wie vielen Menschen hilft Galcanezumab zu 100 %?
Dazu führten Migräneexperten (US-amerikanische Neurologen in Kooperation mit der Herstellerfirma) eine Untersuchung mit folgender Frage durch: Wie vielen erwachsenen Patienten mit episodischer Migräne konnte die Behandlung mit Galcanezumab zu 100 % helfen, also ihnen eine komplette Migränefreiheit verschaffen? Um die Frage zu beantworten, führten sie eine sogenannte Post-Hoc-Analyse zweier klinischer Untersuchungen zur Wirksamkeit von Galcanezumab durch. Dazu werden die Ergebnisse früherer Untersuchungen neu und mit einer anderen Fragestellung analysiert.
Die früheren Untersuchungen waren zwei im Doppelblind-Verfahren durchgeführte Untersuchungen über je ein halbes Jahr. Dabei wurden Patienten mit episodischer Migräne also zufällig mit dem neuen Medikament (120 mg oder 240 mg) oder einem Placebo behandelt – und weder sie noch die behandelnden Ärzte wussten, welches Mittel jeweils gegeben wurde. Als episodische Migräne wurde die Erkrankung gewertet, wenn die Betroffenen zwischen 4 und 14 migränebedingte Kopfschmerztage und monatlich mindestens 2 Migräneattacken erlitten. Diese Zahl wurde vor Beginn der Behandlung bestimmt. Die Forscher ermittelten nun den Anteil der Patienten, deren monatliche Zahl migränebedingter Kopfschmerztage in jeweils jedem Untersuchungsmonat auf Null fiel, also um 100% reduziert wurde.
Vergleich von 1739 Patienten mit episodischer Migräne mit Antikörper- oder Placebo-Therapie
In die Analyse konnten Untersuchungsdaten von 1739 Patienten eingeschlossen werden, die mit Galcanezumab (436 Patienten mit 120 mg, 428 Patienten mit 240 mg) oder Placebo (875 Patienten) behandelt worden waren. Welcher Anteil dieser Patienten berichtete vom kompletten Rückgang der Migränekopfschmerzen? Mit Galcanezumab war dies mindestens jeder 7. Patient (13,5–14,3 % je nach Dosierung). Bei den Patienten, die keinen Wirkstoff erhalten hatten (Placebo), berichteten nur 5,9 % von solchen Verbesserungen ihrer Erkrankung. Der Behandlungsvorteil mit Galcanezumab steigerte sich dabei mit jedem Behandlungsmonat: die Zahl der Patienten, die keine migränebedingten Kopfschmerzen mehr hatten, von anfänglich 9 % zu schließlich 21 %. Jeder 5. Patient hatte also am Ende der beiden Studien keine Kopfschmerzen aufgrund einer Migräneattacke mehr. Mit dem Placebo stieg der Anteil von 2 % auf 10 %. Bereits die regelmäßige Teilnahme an der Studie, der Behandlungsprozess und die Erwartung einer Medikamentenwirkung konnte also manchen Menschen helfen – ein klassischer Placeboeffekt also, der allerdings deutlich hinter der Wirkung des neuen Antikörpers zurückblieb.
Kompletter Rückgang der Migränekopfschmerzen ist möglich
Die starke Wirkung des neuen Medikaments war besonders in den letzten drei Studienmonaten zu sehen. Wie viele migränefreie Tage hatten die Patienten infolge der Behandlung? Noch vor Behandlungsbeginn lag der Durchschnitt bei 5 Tagen am Stück ohne Kopfschmerzen aufgrund einer Migräne. In dem kompletten halben Jahr mit Behandlung dagegen hatten die Patienten, die mindestens einen Monat lang aufgrund der Antikörperbehandlung migränefrei waren, im Schnitt 29 Tage am Stück ohne Migränekopfschmerz. Dieser betraf mehr als ein Drittel der Patienten mit Galcanezumab-Therapie. Patienten, die sogar mindestens 3 Monate ohne Migräne erleben konnten, hatten im Mittel 55 Tage am Stück ohne Migränekopfschmerz – für Menschen mit einer häufigen Migränebelastung also unvorstellbar lange Phasen ohne die pochenden Schmerzen.
Länger migränekopfschmerzfrei mit dem CGRP-Antikörper
Zusammenfassend fand die nachträgliche Analyse zweier klinischer Studien zu Galcanezumab, dass Patienten damit häufiger migränefrei wurden als mit einem Placebo. Diese starke Wirkung erreichten die meisten Patienten in den letzten drei Monaten der halbjährigen Untersuchungen. Mit dem neuen Mittel war jeder 5. Patient zum Ende der Studie migränekopfschmerzfrei.
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