Multiple Sklerose

MS-Therapie: Manche Wirkstoffe erhöhen das Krebsrisiko

Original Titel:
Cancer Risk in Patients with Multiple Sclerosis: Potential Impact of Disease-Modifying Drugs.

MedWissManche Wirkstoffe, die zur Behandlung von MS eingesetzt werden, können das Krebsrisiko erhöhen. Bei den neueren immunsupprimierenden Wirkstoffen wird deshalb ebenfalls auf diese Möglichkeit hingewiesen. Langzeitdaten fehlen aber noch und viele Untersuchungen lassen ungesunde Lebensweisen außer Acht.


Das Immunsystem hat auch zur Aufgabe, fehlgesteuerte Körperzellen zu bekämpfen. Wenn Zellen sich teilen oder negativen Einflüssen ausgesetzt sind, kann es zu Fehlern kommen. Bei diesen Zellen können Immunzellen eine Art Selbstzerstörungsprogramm aktivieren und helfen so dabei, dass Fehler möglichst vermieden werden. Manchmal sorgen solche Fehler aber auch dafür, dass aus einer normalen Körperzelle eine Krebszelle wird, die sich unkontrolliert vermehrt.

Steigert krankheitsmodifizierende Therapie das Krebsrisiko?

Medikamente, die das Immunsystem regulieren oder unterdrücken, haben auch Einfluss auf die Fähigkeit des Immunsystems Körperzellen mit Fehlern zu erkennen. Ist das Immunsystem weniger aktiv, steigt das Risiko, dass solche Fehler nicht erkannt werden. Steigt dadurch also auch das Krebsrisiko? Französische Forscher haben sich die aktuelle Faktenlage einmal genauer angesehen.

Keine Hinweise auf erhöhtes Krebsrisiko bei immunmodulierenden Wirkstoffen

Der Zusammenhang zwischen Multiple Sklerose (MS) und Krebs wird bereits seit Langem untersucht, berichten die Wissenschaftler. Die Ergebnisse der Untersuchungen dazu seien jedoch widersprüchlich. Bei Wirkstoffen, die das Immunsystem modulieren, wie die für die Behandlung von MS zugelassenen Beta-Interferone und Glatirameracetat, gibt es keine Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass nach längerem Einsatz das Krebsrisiko steigt.

Wirkstoffe, die das Immunsystem unterdrücken, können Krebsrisiko erhöhen

Bei Wirkstoffen, die das Immunsystem unterdrücken sieht das jedoch anders aus. Hier gibt es Untersuchungen, die von einem erhöhten Krebsrisiko bei MS-Patienten berichten, die länger mit Wirkstoffen wie Mitoxantron, Azathioprin und Cyclophosphamid behandelt wurden, so die Wissenschaftler aus Frankreich. Daher wird bei den neueren hochwirksamen Wirkstoffen wie Cladribin, Fingolimod, Natalizumab und Alemtuzumab ebenfalls auf ein möglicherweise erhöhtes Krebsrisiken hingewiesen, auch wenn es dafür bisher noch keine Belege gibt, da Daten zur Langzeitanwendung noch fehlen.

Lebensweise wird in Untersuchungen bisher zu selten berücksichtigt

Die Forscher betonen außerdem, dass bei vielen Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen MS und Krebs beschäftigten, andere Faktoren außer Acht gelassen werden. In den meisten Studien, berichten die Forscher, wurden Aspekte wie Ernährung, Rauchen, Sonneneinstrahlung oder Hormontherapien nicht berücksichtigt. Alle diese Aspekte haben aber nachweislich Einfluss auf das Risiko für Krebserkrankungen.

Für neue Wirkstoffe müssen erst mehr Daten über Langzeitgebrauch gesammelt werden

Für Fingolimod, Natalizumab, Alemtuzumab, Dimethylfumarat, Teriflunomid, Daclizumab und Ocrelizumab sind von den Aufsichtsbehörden festgelegte Risikomanagement-Pläne vorgeschrieben. Sie ermöglichen die frühzeitige Erkennung von möglichen Risiken im Zusammenhang mit den Wirkstoffen, insbesondere derjenigen für das erhöhte Krebsrisiko.

Wie es mit dem Krebsrisiko bei neueren Wirkstoffen zur MS-Behandlung aussieht, muss also weiter untersucht werden. Erste Daten zum Vorläufer von Ocrelizumab, dem Antikörper Rituximab, lieferten keine Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko. Rituximab wird bereits seit Längerem abseits seiner eigentlichen Indikation auch zur Behandlung von MS eingesetzt. Lesen Sie hier mehr dazu. Außerdem berichteten wir im DeutschenGesundheitsPortal bereits über eine Untersuchung zu MS und Krebs, die ebenfalls die Lebensweise der Teilnehmer berücksichtigte.

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