Gewichtszunahme durch Lebensstilberatung schwer zu beeinflussen
Nehmen Schwangere übermäßig zu, kann das für Mutter und Kind Probleme mit sich bringen. Als Lösungsansatz werden regelmäßige Beratungstermine vorgeschlagen. Anhand von Ergebnissen mit 2286 Frauen hat ein Team an der Technischen Universität München (TUM) und dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) nun aber gezeigt, dass Beratungen im Rahmen der Routinevorsorge Schwangere zwar zu einem gesünderen Lebensstil anregen, die Gewichtszunahme aber nicht verringern.
Steigt das Gewicht von Frauen während der Schwangerschaft zu stark an, kann das ein Grund für Schwangerschaftsdiabetes, ein erhöhtes Kaiserschnittrisiko oder ein zu hohes Geburtsgewicht des Kindes sein. Ziel der bayernweiten Studie „Gesund leben in der Schwangerschaft“ (GeliS) war es, Schwangere für die Problematik zu sensibilisieren und ihr Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu verbessern. An der Studie waren über 70 Arzt- und Hebammenpraxen in Bayern beteiligt.
Frauen in der Studiengruppe erhielten während der Schwangerschaft ab der 12. Woche drei Beratungsgespräche (30-45 min) und ein weiteres Gespräch einige Wochen nach Entbindung im Rahmen ihrer Vorsorgeuntersuchungen sowie zusätzlich Informationsmaterial. Zudem bekamen die Schwangeren Formulare, mit denen sie die Gewichtszunahme und ihr Bewegungsverhalten selbstständig dokumentieren und überwachen konnten. Die Kontrollgruppe erhielt nur das Informationsmaterial.
Kindliches Gewicht leicht verringert
Studienleiter Professor Hans Hauner, Ordinarius für Ernährungsmedizin an der TUM, erläutert erste Ergebnisse: „Leider zeigte das Beratungskonzept nicht den gewünschten Erfolg – es hatte keine messbare Auswirkung auf die Gewichtszunahme der Mütter.“ Trotz der Beratung nahmen über 45 Prozent der Teilnehmerinnen mehr zu als der internationale Standard des Institute of Medicine (IOM) empfiehlt. Im Durchschnitt waren das über 14 kg. Auch Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck oder vorzeitige Wehen verringerten die Beratungen nicht.
Aber die Forscherinnen und Forscher stellten dennoch positive Effekte fest: Ein erster Blick auf die weiteren Daten zeigte, dass viele Schwangere durchaus auf ihre Ernährung geachtet und sich regelmäßig bewegt hatten. Zudem machten über 85 Prozent der Frauen das Programm bis zum Schluss mit und waren bereit, Ratschläge anzunehmen und umzusetzen. „Offensichtlich reichte das aber nicht aus, um ihr Gewicht zu reduzieren. Was wir aber sahen ist, dass Größe und Gewicht der Kinder der Frauen, die am Programm teilgenommen hatten, geringer waren. Und auch das ist ein kleiner, wichtiger Erfolg.“, so Hauner. Das Studienteam empfiehlt auch, die Beratung schon vor der 12. Woche zu beginnen.
Alltagstauglichkeit als Hauptkriterium
Zudem war das Besondere an der Studie, dass die Termine in die normalen Vorsorgeuntersuchungen integriert wurden. Es ist weltweit die größte Studie mit diesem Ansatz. „Uns war wichtig, dass das Konzept alltagstauglich ist. Die Schwangeren mussten keine neuen Termine wahrnehmen und die Ärztinnen, Ärzte und Hebammen hatten einen überschaubaren Aufwand. Nur solche Lösungsansätze sind praxistauglich.“ Viele andere Studien hätten die Schwangeren im Rahmen eigener Termine regelmäßig betreut und überwacht, so Hauner. „Selbst wenn das einen positiven Effekt hat, lässt sich das so nicht für alle Schwangeren umsetzen – und das sollte Ziel sein.“, so Hauner.
Publikationen
Julia Kunath and Julia Günther, Kathrin Rauh, Julia Hoffmann, Lynne Stecher, Eva Rosenfeld, Luzia Kick, Kurt Ulm, Hans Hauner: Effects of a lifestyle intervention during pregnancy to prevent excessive gestational weight gain in routine care – the cluster-randomised GeliS trial, BMC Medicine, January 14, 2019, DOI: 10.1186/s12916-018-1235-z
Rauh K. & Kunath J., Rosenfeld E., Kick L., Ulm K., Hauner H.: Healthy living in pregnancy: A cluster-randomized controlled trial to prevent excessive gestational weight gain – rationale and design of the GeliS study, BMC Pregnancy Childbirth 2014; DOI: 10.1186/1471-2393-14-119
Weitere Informationen
An der Studie waren folgende Partner beteiligt: Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Fürstenfeldbruck, Regensburg, Bayreuth, Fürth und Würzburg, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, AOK Bayern, Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie