Prostatakrebs
Standardtherapien bereits ausgeschöpft – Das Radiopharmakon 117Lu-PSMA-617 könnte helfen
Original Titel:
[177Lu]-PSMA-617 radionuclide treatment in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer (LuPSMA trial): a single-centre, single-arm, phase 2 study
MedWiss – Wenn der Prostatakrebs bereits Metastasen gebildet hat und nicht mehr auf die klassische Hormontherapie anspricht, stehen noch weitere Behandlungsmethoden zur Verfügung. Diese können die Erkrankung jedoch nur für eine gewisse Zeit aufhalten. Daher wird immer weiter nach Wirkstoffen geforscht, auf die nach dem Scheitern einer Therapie zurückgegriffen werden kann. 117Lu-PSMA-617 ist in diesem Zusammenhang ein vielversprechender Kandidat, wie die Forscher in dieser Studie zeigten. Das Radiopharmakon könnte auch dann noch wirksam sein, wenn die Standardtherapien bereits ausgeschöpft wurden.
Hat sich der Prostatakrebs bereits in andere Körperregionen angesiedelt, ist von Metastasen die Rede. In diesem Fall muss der Krebs mit einer Therapie bekämpft werden, die auf dem gesamten Körper wirkt. Die Therapie, die hierfür in der Regel zuerst eingesetzt wird, ist die Hormontherapie. Diese verliert jedoch im Laufe der Zeit ihre Wirkung – der Prostatakrebs ist dann kastrationsresistent geworden – sodass auf andere Wirkstoffe zurückgegriffen werden muss. Für die Behandlung eines kastrationsresistenten, metastasierten Prostatakrebses stehen bereits mehrere innovative Therapieoptionen zur Verfügung, die das Leben der Betroffenen verlängern können. An weiteren Behandlungsalternativen wird weiter geforscht. Eine dieser neuen Behandlungsalternativen könnte Lutetium-177-PSMA-617 (oder auch 177Lu-PSMA-617) darstellen. Es handelt sich hierbei um ein Radiopharmakon, dass wenige Millimeter weit Strahlungen abgibt, die die Krebszellen zerstören sollen. Der Clou an der Sache ist, dass 177Lu-PSMA speziell an PSMA (kurz für prostataspezifisches Membran-Antigen) bindet, welches vermehrt an der Oberfläche von Prostatakrebszellen zu finden ist. Somit reichert sich das Radiopharmakon an den Krebszellen an und zerstört diese mit der Strahlung, die es abgibt. Dieser Wirkstoff ist derzeit zwar noch nicht in Deutschland für die Behandlung zugelassen, er wird aber dennoch in einigen Kliniken angewandt, wenn alle bisher verfügbaren Therapien gescheitert sind. Um zu untersuchen, wie sicher und wirksam die Anwendung des Radiopharmakons tatsächlich ist und wie es sich auf die Lebensqualität der Patienten auswirkt, führten Wissenschaftler aus Melbourne (Australien) eine kleine klinische Studie durch.
Forscher untersuchten 30 Männer, die mit dem Radiopharmakon 177Lu-PSMA-617 behandelt wurden
In ihre Studie bezogen die Wissenschaftler 30 Männer mit einem metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakrebs ein, die im Peter MacCallum Cancer Centre in Melbourne (Australien) behandelt wurden und bei denen die Krankheit trotz der Standardtherapien (wie Chemotherapie mit Docetaxel oder Cabazitaxel oder der neuartigen Hormontherapie mit Abirateronacetat oder Enzalutamid) weiter fortschritt. 26 von ihnen (87 %) hatten mindestens schon eine Chemotherapie hinter sich (80 % mit Docetaxel und 47 % mit Cabazitaxel). 25 Patienten (83 %) hatten zuvor schon die Wirkstoffe Abirateronacetat, Enzalutamid oder beide erhalten. Bei allen Patienten wurde überprüft, ob die Krebszellen tatsächlich viel PSMA an ihrer Oberfläche besaßen. 177Lu-PSMA-617 wurde ihnen direkt in die Blutbahn gegeben. Das geschah bis zu 4-mal im Abstand von jeweils 6 Wochen.
Mehr als die Hälfte der Patienten sprach auf die Behandlung an
Die Wissenschaftler stellten bei ihrer Auswertung fest, dass bei 17 der 30 Patienten (57 %) der PSA (prostataspezifisches Antigen)-Wert nach der Behandlung um mindestens 50 % gesunken war – das bedeutet, dass der Krebs zurückgegangen ist. Von 17 Patienten, bei denen der Tumor im bildgebenden Verfahren messbar war, ging dieser bei 14 Patienten (82 %) zurück. Nach dem zweiten Behandlungszyklus berichteten 11 Patienten (37 %) außerdem von einer besseren Lebensqualität.
Die meisten Nebenwirkungen waren mild bis moderat
Die Nebenwirkungen, die am häufigsten beobachtet wurden, waren milde Mundtrockenheit (26 Patienten, 87 %), milde bis moderate vorübergehende Übelkeit (15 Patienten, 50 %) und milde bis moderate Müdigkeit (15 Patienten, 50 %). Vier Patienten (13 %) waren von einem schwerwiegenden Mangel an Blutplättchen im Blut (Thrombozytopenie) betroffen, was an der Behandlung mit Lu177-PSMA-617 gelegen haben könnte. Es kam zu keinem Todesfall, der auf die Behandlung zurückgeführt werden konnte.
Viele Patienten mit einem kastrationsresistenten, metastasierten Prostatakrebs, die bereits mehrere Behandlungen – auch mit innovativen Arzneimitteln – hinter sich hatten, sprachen somit auf die Behandlung mit dem Radiopharmakon 117Lu-PSMA-617 an. Die Nebenwirkungen schienen sich in Grenzen zu halten und waren meist nur mild bis moderat. Die Autoren sind der Meinung, dass die Ergebnisse dieser kleinen Studie zeigen, dass 117Lu-PSMA-617 es Wert ist, nun auch in größeren Studien mit Kontrollpersonen, die nicht mit diesem Wirkstoff behandelt werden, untersucht zu werden. Wenn sich 117Lu-PSMA-617 in diesen Studien bewährt, könnte der Wirkstoff in Zukunft möglicherweise zu den Standardtherapien bei einem kastrationsresistenten, metastasierten Prostatakrebs gehören.
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