Die Entfernung bestimmter Zellen aus dem Blut erzielt auch auf lange Sicht Erfolge bei einer hartnäckigen, steroidabhängigen Colitis ulcerosa
Original Titel:
Granulocyte/monocyte adsorptive apheresis for the treatment of therapy-refractory chronic active ulcerative colitis
MedWiss – Trotz der vielen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten kann derzeit noch nicht allen Patienten mit Colitis ulcerosa ausreichend geholfen werden. Daher wird immer weiter nach neuen Wirkstoffen oder Alternativen geforscht. Eine Alternative könnte die Granulozyten-Monozyten-Apherese darstellen. Wissenschaftler stellten in der vorliegenden Studie fest, dass diese auch auf lange Sicht Erfolge erzielte – und das auch bei Patienten, bei denen die meisten anderen Therapien bereits gescheitert sind.
Bei einem Krankheitsschub der Colitis ulcerosa kommen meist Steroide zum Einsatz. Aufgrund ihrer vielen Nebenwirkungen sollten diese jedoch nicht länger als unbedingt nötig verwendet werden. Bei nicht wenigen Patienten gestaltet sich das Absetzten der Steroide jedoch als schwierig, da die Krankheitssymptome zunehmen, sobald die Steroid-Dosis reduziert wird. In einem solchen Fall ist von einer steroidabhängigen Colitis ulcerosa die Rede. Bei einem steroidabhängigen oder hartnäckigen Krankheitsverlauf kommen weitere Medikamente ins Spiel. Hierzu gehören unter anderem die klassischen Immunsuppressiva, Wirkstoffe, die das Immunsystem unterdrücken, oder sogenannten TNF (Tumornekrosefaktor)-Hemmer, wie Infliximab oder Adalimumab, die zu der Gruppe der Biologika gehören. Wie alle Medikamente haben auch diese Wirkstoffe Nebenwirkungen. Außerdem wirken sie nicht bei allen Patienten. Daher wird weiter nach Alternativen geforscht. Eine Alternative, die sich derzeit in der Erprobungsphase befindet, ist die sogenannte Granulozyten-Monozyten-Apherese oder kurz GMA. Bei diesem Verfahren wird das Blut außerhalb des Körpers von Monozyten oder Granulozyten gereinigt und anschließend dem Körper wieder zugeführt. In einer japanischen und einer italienischen Studie konnte diese Methode bei einigen Patienten mit einer steroidabhängigen Colitis ulcerosa bewirken, dass sich diese in einer Ruhephase der Erkrankung befanden, ohne dass sie Steroide einnehmen mussten (Studie von Iizuka und Kollegen und von Imperiali und Kollegen, 2017 in den medizinischen Fachzeitschriften Internal medicine bzw. Gastroenterology research and practice veröffentlicht). Eine weitere Studie mit einer größeren Beteiligung von deutschen Medizinern schließt sich nun dieser Erfolgsserie der neuen Therapiemethode an.
Patienten mit einer steroidabhängigen Colitis ulcerosa nahmen an mehreren GMA-Sitzungen teil
Ein europäisches Forscherteam mit Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich und England untersuchte nämlich, welche Ergebnisse die Granulozyten-Monozyten-Apherese auf längerer Sicht liefert. Hierzu untersuchten sie 94 erwachsene Patienten mit einer steroidabhängigen Colitis ulcerosa, bei denen die Erkrankung derzeit aktiv war. Eine Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war, dass die Patienten nicht mit einem klassischen Immunsuppressiva oder nicht mit einem TNF-Hemmer behandelt werden konnten; sei es, weil diese nicht wirkten oder weil sie nicht vertragen wurden. Alle Patienten nahmen an 5 bis 8 GMA-Sitzungen innerhalb von 10 Wochen teil.
Fast die Hälfte der Patienten sprach auf die Therapie an
Von den 94 Patienten zeigten nach 24 Wochen 44,7 % ein Ansprechen auf die Therapie. Bei 34,0 % der Patienten waren die Krankheitssymptome zu dem Zeitpunkt sogar soweit reduziert, dass sie sich in einer Ruhephase der Erkrankung befanden. Nach 48 Wochen zeigten immerhin noch 39,4 % der Patienten ein Ansprechen auf die Granulozyten-Monozyten-Apherese und 33,0 % der Patienten befanden sich in einer Ruhephase. Somit konnte die Entfernung der Granulozyten und Monozyten aus dem Blut der Patienten bei etwa jedem 3. Patienten auch langfristige Erfolge erzielen. Innerhalb von 96 Wochen kam jedoch etwa jeder 4. Patienten (23,4 %) nicht um eine komplette Dickdarmentfernung herum.
Die Therapie erzielte auch bei den Patienten Erfolge, bei denen sowohl Immunsuppressiva als auch TNF-Hemmer gescheitert waren
Interessant war auch, dass die Therapie selbst bei den Patienten wirksam war, bei denen sowohl Immunsuppressiva als auch TNF-Hemmer gescheitert waren. Dies war bei insgesamt 30 Studienteilnehmern der Fall. Von diesen befanden sich nach 24 Wochen 33,3 % und nach 48 Wochen 20,0 % in einer Ruhephase. Zu beiden Zeitpunkten waren bei 19,2 % der Patienten die Krankheitssymptome sogar dann verschwunden, wenn sie keine Steroide mehr einnahmen.
Auch auf längerer Sicht kam es zu keinen unerwünschten Ereignissen, von denen nicht schon in anderen Studien mit kürzeren Beobachtungszeiten berichtet wurde.
Die Granulozyten-Monozyten-Apherese erzielte somit auch auf langer Sicht Erfolge bei der Behandlung von Patienten mit hartnäckiger, steroidabhängiger Colitis ulcerosa; selbst dann, wenn klassische Immunsuppressiva und TNF-Hemmer bereits gescheitert waren. Etwa jeder 3. Patient befand sich nach 48 Wochen in einer Ruhephase. Die Therapie schien somit eine sichere und wirksame Methode zu sein, um Colitis ulcerosa-Patienten, bei denen viele Therapien nicht angeschlagen haben, zu helfen. Um dies zu bestätigen müssen jedoch noch weitere Studien mit mehr Patienten und einer Kontrollgruppe, also Patienten, bei denen nicht die Granulozyten und Monozyten aus dem Blut entfernt wurden, folgen.
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