Soziale Unterschiede in Deutschland: Mortalität und Lebenserwartung

„Soziale Unterschiede in Deutschland: Mortalität und Lebenserwartung“ ist Thema der neuen Ausgabe des Journal of Health Monitoring

Vor Vollendung des 65. Lebensjahres sterben 13 % der Frauen und 27 % der Männer aus der niedrigsten Einkommensgruppe, in der höchsten Einkommensgruppe sind es 8 % der Frauen und 14 % der Männer. Diese sozialen Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung sind in den vergangenen 25 Jahren relativ stabil geblieben. Der Anstieg der Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten hat sich möglicherweise wegen schwerer Grippewellen verlangsamt. Das sind einige der Ergebnisse aus neuen RKI-Analysen, die im Journal of Health Monitoring 1/2019 veröffentlicht sind.

„Soziale Ungleichheit hat wegen der massiven Auswirkungen auf Gesundheit und Lebenserwartung aus Sicht von Public Health eine zentrale Bedeutung“, betont Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. Das RKI als Public-Health-Institut für Deutschland erhebt und bewertet kontinuierlich Daten. „Als Daten für Taten sind unsere Ergebnisse Grundlage für evidenzbasierte Entscheidungen der Politik im Hinblick auf Planung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen“, unterstreicht Wieler.

Die Daten für die Analyse von Mortalität und Lebenserwartung stammen vom Sozio-ökonomischen Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und aus Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes. Im Journal of Health Monitoring betrachten die RKI-Forscher neben der sogenannten „ferneren Lebenserwartung“, bei der die zu erwartenden Lebensjahre ab einem bestimmten Alter (beispielsweise von 65 Jahren) berechnet werden, auch die mittlere Lebenserwartung bei Geburt und setzen sie in Bezug zum Einkommen. Das Ergebnis der bis 2016 vorliegenden Daten, die mit einem neuen methodischen Ansatz ausgewertet wurden: Bei der Lebenserwartung ab Geburt beträgt die Differenz zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe für Frauen 4,4 Jahre und für Männer 8,6 Jahre.

Die Lebenserwartung ist in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland deutlich gestiegen. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts resultierte dies vor allem aus einem Rückgang der Sterblichkeit bei Säuglingen, Kindern und jungen Erwachsenen. Seither sind vor allem sinkende Sterblichkeitsraten der Älteren für den stetigen Anstieg der Lebenserwartung verantwortlich. Allerdings gibt es immer wieder kleine Unterbrechungen im Anstieg der Lebenserwartung. Eine mögliche Erklärung sehen die RKI-Forscher in Grippewellen. Bei schweren Grippewellen, etwa in den Saisons 2012/2013, 2014/2015 und 2016/2017, gab es jeweils mehr als 20.000 geschätzte Todesfälle, das entspricht gut zwei Prozent der jährlichen Todesfälle. Die Influenza-Aktivität und damit die Todesfälle treten jeweils nach der Jahreswende auf, bei diesen Grippewellen also in den Jahren 2013, 2015 und 2017 – das waren exakt die Jahre, in denen sich der Anstieg der Lebenserwartung verlangsamt hat.

Neben Lebenserwartung und Mortalität enthält die neue Journal-Ausgabe auch einen Beitrag zur gesundheitlichen Ungleichheit bei Kindern und Jugendlichen. Dabei werden die Daten des RKI-Gesundheitsmonitorings im Hinblick auf den sozioökonomischen Status ausgewertet, für den Einkommen, Bildung und Beruf der Eltern berücksichtigt werden. In der Journal-Rubrik „Concepts & Methods“ wird das Projekt „IMIRA“ beschrieben, das auf eine bessere Berücksichtigung von Menschen mit Migrationshintergrund beim Gesundheitsmonitoring abzielt. Die Auswertungen dieser Ausgabe des Journal of Health Monitoring werden beim Kongress Armut und Gesundheit am 14./15. März 2019 vorgestellt.

Weitere Informationen: www.rki.de/journalhealthmonitoring