Fluorouracil: Neues Risikobewertungsverfahren zum Screening von Patienten vor der Behandlung
19.03.2019 – Start des Verfahrens
EMA beginnt mit der Überprüfung eines möglichen Screenings von Patienten vor der Behandlung mit Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur und Flucytosin
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat ein Verfahren zur Überprüfung von fluorouracilhaltigen Arzneimitteln (auch bekannt als 5- Fluorouracil oder 5-FU), sowie den verwandten Wirkstoffen Capecitabin, Tegafur und Flucytosin, die im Körper in 5-Fluorouracil umgewandelt werden, gestartet. Im Rahmen des Verfahrens werden verfügbare Screening-Methoden und ihr Stellenwert bei der Identifizierung von Patienten mit erhöhtem Risiko für schwere Nebenwirkungen untersucht.
5-Fluorouracil (verabreicht durch Injektion), Capecitabin und Tegafur sind Krebsarzneimittel, während topisches (auf die Haut aufgetragenes) 5-Fluorouracil bei verschiedene Hauterkrankungen und Flucytosin bei schweren Pilzinfektionen angewendet wird.
Es ist bekannt, dass einige Patienten über keine oder eine nicht ausreichende Aktivität eines Enzyms namens Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) verfügen, welches für den Abbau von 5-Fluorouracil benötigt wird. Verschreibenden Ärzten ist möglicherweise nicht bekannt, dass einigen ihrer Patienten die Aktivität des Enzyms DPD fehlt. Wenn sie diesen Patienten 5-Fluorouracil oder eine der verwandten Substanzen verabreichen, können diese im Körper nicht abgebaut werden, was zum Anstieg der 5-Fluorouracil-Konzentrationen im Blut führt.
Die Entstehung eines hohen Fluorouracil-Blutspiegels, die bei einigen dieser Arzneimittel beobachtet wurde, kann zu schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie Neutropenie (Verminderung bestimmter weißer Blutkörperchen zur Bekämpfung von Infektionen – der neutrophilen Granulozyten), Neurotoxizität (Schädigung des Nervensystems), schwerem Durchfall und Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut) führen. Patienten mit einem vollständigen DPD-Mangel sollten daher nicht mit Fluorouracil oder Arzneimitteln, die im Körper zu Fluorouracil umgewandelt werden, behandelt werden.
Die Produktinformationen zu den meisten dieser Arzneimittel enthalten bereits einen Hinweis, dass sie nicht bei Patienten mit vollständigem DPD-Mangel angewendet werden sollten. Genetische Tests auf DPD werden für die meisten dieser Arzneimittel zur Krebsbehandlung empfohlen, aber ein systematisches Screening auf einen DPD-Mangel vor Behandlungsbeginn ist nicht verpflichtend vorgeschrieben. Darüber hinaus wurden kürzlich neue Daten zu Gentests und anderen DPD–Screening-Methoden veröffentlicht, die einen Einfluss auf die aktuellen Empfehlungen haben könnten.
Die EMA wird nun die verfügbaren Daten in Bezug auf die verfügbaren Screening-Methoden zur Feststellung von DPD-Mängeln auswerten und bewerten, ob Änderungen erforderlich sind, um die sichere Anwendung dieser Arzneimittel zu gewährleisten.
Patienten, die Bedenken bezüglich ihrer Arzneimittel haben, sollten ihren Arzt konsultieren und die Anwendung beziehungsweise Einnahme nicht ohne ärztlichen Rat beenden.
Mehr über die Arzneimittel
Das Verfahren betrifft den Wirkstoff Fluorouracil, der durch Injektion oder topisch auf der Haut verabreicht wird, sowie die Wirkstoffe Capecitabin und Tegafur, die oral eingenommen werden (so genannte Fluorouracil-Prodrugs) und im Körper in Fluorouracil umgewandelt werden. Es schließt auch das Antimykotikum Flucytosin ein, das durch Injektion oder oral verabreicht wird und von dem ein Teil im Körper in Fluorouracil umgewandelt wird.
Fluorouracil, das durch Injektion verabreicht wird, und seine Prodrugs werden zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt. Sie wirken, indem sie Enzyme hemmen, die an der Herstellung neuer DNA beteiligt sind, und so das Wachstum von Krebszellen blockieren.
Fluorouracil, das auf die Haut aufgetragen wird, wird für verschiedene Hauterkrankungen wie aktinische Keratosen und Hautwarzen verwendet.
Arzneimittel, die Capecitabin und Tegafur enthalten, wurden von der EMA zentral zugelassen und werden als Xeloda®, Teysuno® und verschiedene capecitabinhaltige Generika vermarktet. Weitere Informationen zu diesen Arzneimitteln finden Sie auf der EMA-Website.
Mehr Informationen über die Arzneimittel (auf englisch)
Einige tegafur- und capecitabinhaltige Arzneimittel sowie alle flucytosin- und fluorouracilhaltigen Arzneimittel sind national zugelassen.
Mehr über das Verfahren
Das Risikobewertungsverfahren wurde auf Antrag der französischen Arzneimittelbehörde (ANSM) gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.
Die Überprüfung wird vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln zuständig ist und seine Empfehlungen abgeben wird. Die PRAC-Empfehlungen werden dann an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) weitergeleitet, der für die wissenschaftliche Beurteilung von Humanarzneimitteln zuständig ist und eine Stellungnahme abgeben wird. Die letzte Phase des Überprüfungsverfahrens ist die rechtsverbindliche Entscheidung durch die Europäische Kommission, die in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.
Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden: