Langzeitstudie zur Depression: Chronisch Kranke profitieren von längerer Psychotherapie
Viele Depressionen verlaufen chronisch. Eine weltweit einmalige Langzeitstudie hat nun gezeigt, dass längere Psychotherapien – egal ob Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie – die Symptome nachhaltig reduzieren können. Studienleiterin Prof. Marianne Leuzinger-Bohleber stellt die Studie am Freitag, den 22. März, auf der Beiratssitzung der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (MedWissT) in Berlin vor. Journalisten sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen und anschließend mit der Studienleiterin zu sprechen.
Nicht jede Depressionserkrankung lässt sich innerhalb von ein paar Monaten heilen. Nach kürzeren Psychotherapien oder medikamentöser Behandlung erleiden über die Hälfte der Patienten einen Rückfall. Mindestens 20 bis 30 Prozent der Depressionen verlaufen chronisch. Eine weltweit einmalige Langzeitstudie, die im Canadian Journal of Psychiatry und im International Journal of Psychoanalysis erschienen ist, hat nun gezeigt, dass eine länger dauernde Psychotherapie chronisch Kranken helfen kann. „Drei Jahre nach Beginn ihrer Therapie haben sich bei 45 Prozent der Patienten nach Selbsteinschätzung die depressiven Symptome zurückgebildet, nach Beurteilung durch unabhängige Experten sogar bei 61 Prozent“, betont die Psychoanalytikerin Prof. Marianne Leuzinger-Bohleber vom Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt am Main, eine der Leiterinnen der sogenannten LAC-Depressionsstudie. „Zudem konnte die Anzahl der Rückfälle statistisch signifikant reduziert werden.“ Die Studie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (MedWissT) gefördert.
Studienleiterin Leuzinger-Bohleber berichtet von hohen Belastungen der Studienteilnehmer: „Die meisten haben schon mehrere kurzdauernde psychotherapeutische und medikamentöse Vorbehandlungen hinter sich. 84 Prozent haben traumatische Kindheitserfahrungen erlebt, wie emotionale Frühvernachlässigungen, sexuelle und körperliche Gewalt, Verlust ihrer Eltern oder extrem belastende Trennungen.“ Die Studie ist insgesamt auf 15 Jahre angelegt – die meisten Psychotherapiestudien dagegen umfassen einen viel kürzeren Zeitraum. In der Langzeitstudie wurde zudem nicht nur ein psychotherapeutisches Verfahren untersucht, sondern sowohl der psychoanalytische als auch der kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansatz kamen zum Zug. Dabei konnten die 252 chronisch depressiven Patienten zwischen den Verfahren wählen oder sie wurden per Zufall einer Psychotherapie zugewiesen, wenn sie keine Präferenz hatten. Beide Verfahren erzielten vergleichbar gute Ergebnisse. „In künftigen Auswertungen untersuchen wir, welche Patienten am besten von welchem Verfahren profitieren. Wir werden zudem direkte Behandlungskosten und indirekte Kosten durch zum Beispiel Arbeitsfehltage oder Krankenhausaufenthalte analysieren, um eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen“, kündigt Leuzinger-Bohleber an.
Am Freitag, 22. März, um 15 Uhr stellt Studienleiterin Prof. Marianne Leuzinger-Bohleber die Langzeitstudie Depression auf der Beiratssitzung der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (MedWissT) vor. Journalisten sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Anschließend gibt es Gelegenheit für Interviews.
Ort: Hotel Aquino, Tagungszentrum Katholische Akademie, Hannoversche Straße 5b, 10115 Berlin.
Originalpublikation:
Leuzinger-Bohleber, M., Hautzinger, M., Fiedler, G., Keller, W., Bahrke, U., Kallenbach, L., Kaufhold, J., Ernst, M., Negele, A., Schoett, M., Küchenhoff, H., Günther, F., Rüger, B., Beutel, M. (2018): Outcome of Psychoanalytic and Cognitive-Behavioral Long-term-Therapy with Chronically Depressed Patients. A controlled trial with preferential and randomized allocation: The Canadian Journal of Psychiatry, DOI: 10.1177/0706743718780340