Abhilfe bei vergrößerter Prostata
Unter dem Einfluss von Testosteron wächst die Prostata ein Leben lang. In vielen Fällen führt dies zu Beschwerden durch einen erhöhten Druck auf die Harnröhre. Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) bietet Betroffenen nun eine schonende Alternative zur Operation.
Probleme beim Wasserlassen? Inkontinenz? Häufiger Harndrang, vor allem nachts? Mehr als die Hälfte aller 60-Jährigen und bis zu 90 Prozent der Männer zwischen 70 und 89 Jahren kennen diese Symptome. In den meisten Fällen weisen sie auf eine gutartige Vergrößerung der Prostata, das sogenannte benigne Prostata-Syndrom (BPS), hin. Zur Therapie stehen standardmäßig Medikamente und im nächsten Schritt eine operative Gewebeentfernung zur Verfügung. Mit einem minimalinvasiven und damit sehr viel schonenderen Verfahren, der Prostata-Arterien-Embolisation (PAE), bietet das Zentrum für Radiologisch-Interventionelle Onkologie (RIO) am UKR nun eine alternative Behandlungsmethode zur Operation an.
„Mit der PAE können wir Betroffenen aus der Region nun eine nebenwirkungsarme Therapie anbieten. Das schonende Verfahren bietet vor allem für die meist älteren Patienten große Vorteile, für die eine Operation aufgrund von Nebenerkrankungen oder eines schlechten Allgemeinzustands oft eine sehr hohe körperliche Belastung darstellt“, erläutert PD Dr. Lukas Beyer, Leiter des Zentrums für Radiologisch-Interventionelle Onkologie.
Kleine Partikel mit großer Wirkung
Nur ein winziger Hautschnitt ist für die PAE erforderlich. Über diesen Schnitt, der entweder am Oberschenkel oder am Handgelenk erfolgt, wird ein Katheter über die Arterien zur Prostata geführt. Ist der Katheter in der richtigen Position, wird Kontrastmittel gegeben, um die Blutgefäße darzustellen, die die Prostata versorgen. Im nächsten Schritt erfolgt die Embolisation, also der künstliche Verschluss der Arterien. Über den Katheter werden kleine Partikel, nicht einmal so groß wie ein Salzkorn, gezielt in die Blutgefäße eingebracht. Die Partikel führen zu einer verringerten Blutversorgung und damit zu einem kontrollierten Absterben des überschüssigen Gewebes. In der Folge schrumpft die Prostata und der Druck auf die Harnröhre nimmt ab.
Patienten profitieren in vielerlei Weise von der PAE. Als minimalinvasives Verfahren mit nur einem kleinen Hautschnitt unter örtlicher Betäubung führt der Eingriff bei den Patienten zu weniger Beschwerden als eine Operation. So können sie in der Regel schon am Tag nach dem Eingriff das Krankenhaus wieder verlassen und erholen sich schnell. Auch besteht im Gegenteil zur Operation nur eine sehr geringe Gefahr von Nebenwirkungen bezüglich sexueller Funktion oder Inkontinenz.
Künftig noch schonender – Verfahren wird weiterentwickelt
„Zur Anwendung der PAE braucht es eine hohe Expertise in interventioneller Radiologie, wie wir sie in unserem Zentrum für Radiologisch-Interventionelle Onkologie vorhalten“, so PD Dr. Beyer weiter. In der interventionellen Radiologie werden bildgebende Verfahren genutzt, um in das Innere des Körpers zu sehen und Erkrankungen ohne chirurgische Eingriffe zu behandeln. Die PAE ist dabei mittlerweile ein standardisiertes Verfahren.
Am Universitätsklinikum Regensburg wird derzeit eine noch schonendere Variante erprobt. Die korrekte Katheterposition wird während des bisherigen Eingriffs mittels Cone-Beam-Computertomographie (CB-CT) überprüft. „Manchmal sind bis zu vier CB-CT-Aufnahmen nötig, was eine erhöhte Strahlenbelastung für den Patienten bedeutet“, erklärt PD Dr. Beyer. Am RIO-Zentrum wird daher aktuell eine Studie durchgeführt, die die Ultraschalltechnik als alternatives und strahlenloses bildgebendes Verfahren für die PAE testet.
Im Zentrum für Radiologisch-Interventionelle Onkologie hat das UKR 2017 seine Kompetenzen im Bereich der interventionellen Radiologie gebündelt. Bei vielen gutartigen Krankheitsbildern wie dem BPS, insbesondere aber auch bei unterschiedlichen Krebserkrankungen, können Patienten hier innovative Behandlungsmethoden angeboten werden. Die interventionelle Radiologie eignet sich dabei besonders für Eingriffe an Leber, Prostata, Niere, Uterus und Knochen.
Das Institut für Röntgendiagnostik des UKR (Direktor: Professor Dr. Christian Stroszczynski), in welchem das Zentrum angesiedelt ist, forscht schon seit Jahren intensiv an den Einsatzmöglichkeiten der interventionellen Radiologie. So konnten bereits verschiedene innovative Behandlungsansätze für Tumoren etabliert werden, die bis dato als schwer oder nicht operabel galten.