Turnen, Fußball, Ballett – Warum sportmedizinische Vorsorge bei Kindern und Jugendlichen wichtig ist
Der Leistungssport geht mit einer immer früher einsetzenden Spezialisierung sowie mit Trainingsbelastungen von 15 Stunden oder mehr pro Woche einher. Dies führt im Wachstumsalter zu mehr hohen Belastungen des Bewegungsapparates und Herz-Kreislauf-Systems, die oft die Grenzen der Verträglichkeit erreichen. Oder: bei entsprechender Disposition Grunderkrankungen verschlimmern können bis hin zu gesundheitlichen Komplikationen. Die Folge sind – abhängig von Sportart, Umfang, Spezialisierung, Alter und Geschlecht -eine hohe Anzahl Verletzungen und Überlastungsschäden.
Regelmäßige sportmedizinische Untersuchungen der Jugendlichen sind deshalb unabdingbar. Wie diese aussehen sollen, legen Dr. med. Christian Nührenbörger, Leiter der Sportorthopädie und Prof. Dr. med. Axel Urhausen, Chef du Service de Médecine du Sport et de Prévention, beide von der Clinique du Sport – Centre Hospitalier de Luxembourg auf dem Internationalen Kongress der GOTS im Juni in Salzburg dar.
„Voraussetzungen für die sportmedizinisch-orthopädische Vorsorgeuntersuchung von Jugendlichen sind gutes Wissen der anatomischen Wachstumsbesonderheiten, der speziellen Verletzungsbilder und Risikofaktoren im Kindes- und Jugendalter sowie der sportartspezifischen Bewegungsabläufe und Beschwerdemuster“, erklärt Christian Nührenbörger, der gleichzeitig Mitglied der Kommission Kindersportorthopädie der GOTS ist.
Ziele der Untersuchung sind die Erfassung von Funktionsstörungen und Anomalien des Bewegungsapparates, von akuten Sportverletzungen und beginnenden Sportschäden, dazu die objektive Beurteilung der körperlichen Sporttauglichkeit und Erkennung von Kontraindikationen. Daraus ableitend sollte es konkrete Empfehlungen zur Vermeidung (Prävention) bzw. Behandlung von orthopädischen Überlastungsschäden für den Sportler geben. Die sportorthopädische Beurteilung ist dabei abhängig von den individuell erhobenen Pathologien und der Entwicklung des jugendlichen Sportlers.
Wann und bei wem?
Die Untersuchungen sind bei Nachwuchsleistungssportlern bei der Aufnahme in Leistungskader oder auf Sportschulen zu empfehlen. Je nach sportartspezifischer Trainingsbelastung sollten diese dann jährlich erfolgen und können wie beispielsweise im Kunstturnen auch bereits schon im Alter um 10 Jahre beginnen.
Wie?
Nach ausführlicher Anamnese (zusammen mit den Eltern) muss eine allgemeine orthopädische Ganzkörperuntersuchung am Sportler erfolgen. Je nach sportartspezifischer Belastung erfolgen dabei auch spezielle funktionelle Untersuchungen zum Beispiel der oberen Extremitäten bei Überkopf- und Wurfsportarten, der unteren Extremitäten bei Lauf- und Sprungsportarten sowie der Wirbelsäule u.a. beim Turnen, Ballett, Rudern, Kraft- und Kampfsport.
Weiterhin sind abhängig vom klinischen Befund noch zusätzliche apparative Funktions-untersuchungen nötig, wie Lauf- und Videoanalysen, Kraft-, Sprung- und Laxitätstests sowie radiologische Untersuchungen.
Die wichtigsten Punkte der internistischen Vorsorgeuntersuchung von Jugendlichen nennt Prof. Axel Urhausen: „Sie sollte ab ca. 12 bis 15 Jahren, bei Mädchen und Jungen gleichermaßen, erfolgen. Wichtig sind die Eigen- und Familienanamnese, eine klinische Untersuchung mit Herzauskultation im Liegen und Sitzen/Stehen, die Erhebung der peripheren Pulse, die beidseitige Blutdruckmessung sowie in jedem Fall ein Ruhe-EKG. Bei auffälligen Befunden sowie leistungssportlichen Aktivitäten vor allem in konditionell anspruchsvolleren Sportarten und bei Kadersportlern ist außerdem eine Echokardiographie und ein Belastungs-EKG sinnvoll.“