Erster Patient am Universitätsklinikum Leipzig erfolgreich mit Gentherapie Kymriah behandelt
UKL einziges qualifiziertes Zentrum im Osten Deutschlands
Leipzig. Erstmals ist am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) unter Federführung von Prof. Uwe Platzbecker, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I und Leiter des Bereichs Hämatologie und Zelltherapie, sowie den Oberärzten Dr. Georg-Nikolaus Franke und Dr. Vladan Vucinic die Gentherapie Kymriah bei einem Patienten angewendet worden. Der Mann leidet an fortgeschrittenem Lymphdrüsenkrebs. Bei ihm sind alle verfügbaren medizinischen Therapien bereits ausgeschöpft worden. Eine erfolgreiche Behandlung mit Kymriah könnte zu einer deutlich verlängerten Lebenserwartung des Patienten oder – im besten Fall – sogar zu einer Heilung führen. Die ersten Tage haben gezeigt, dass die Therapie angeschlagen hat. Der Patient ist frei von Nebenwirkungen, sein Zustand hat sich bereits wesentlich verbessert.
Das UKL ist derzeit das einzige Zentrum in Ostdeutschland, das für die Behandlung mit Kymriah qualifiziert ist.
Die Gentherapie Kymriah mit dem Wirkstoff Tisagenlecleucel ist eine Kombination aus Zell- und Gentherapie. Mit ihr können aggressive Formen von B-Zell-Lymphomen und akuter lymphatischer Leukämie behandelt werden. Als erste so genannte CAR-T-Zelltherapie weltweit wurde Kymriah im Jahr 2017 in den USA zugelassen. In Europa erfolgte die Zulassung im August 2018, Hersteller ist das Schweizer Pharma-Unternehmen Novartis. Die Kosten für eine Behandlung betragen rund 340.000 Euro.
„Für die Zelltherapie verwenden wir angereicherte Immunzellen. Die benötigten Bestandteile werden mittels Apherese, auch als Blutaustausch oder Blutwäsche bezeichnet, direkt aus dem Blut des Patienten gesammelt, gehen dann in ein Speziallabor in den USA und werden dort gentechnisch so manipuliert, dass sie zielgerichtet gegen einen ganz bestimmten Tumor vorgehen, nachdem sie dem Betroffenen wieder zugeführt wurden“, erläutert Prof. Platzbecker. „Neu ist dabei, dass kein Antikörper die Krebszelle bindet und zerstört, sondern die Immunzelle, also die T-Zelle selbst. Das bezeichnet man als CAR-T.“ CAR-T steht für „Chimeric Antigen Receptor T-Zell-Therapie“.
Bei der Gentherapie Kymriah richtet sich die Manipulation ganz konkret gegen das Molekül CD19, das auf den Krebszellen zu finden ist. Dank dieses Rezeptors können die CAR-T-Zellen alle CD19-tragenden Zellen identifizieren und beseitigen.
Patient bleibt nebenwirkungsfrei – erster Teilerfolg
Die ersten zehn Tage nach Rückgabe des veränderten Zellmaterials in den Körper des Patienten werden als kritischer Zeitraum gesehen, weil schwere Nebenwirkungen wie Fieber, Lungenentzündungen bis hin zu einem so genannten Zytokinsturm auftreten können. Als Zytokinsturm bezeichnet man eine grippe-artige, überschießende Immunreaktion, etwa wie nach einer Impfung, bei der zu viele Hormone freigesetzt werden. Bei dieser Entzündungsreaktion kann der ganze Körper in Mitleidenschaft gezogen werden.
Nach Ablauf dieser Zeit kann Prof. Platzbecker jedoch die gute Nachricht verkünden, dass es dem ersten Leipziger Kymriah-Patienten bestens gehe. „Bei ihm traten keine schweren Nebenwirkungen auf, das ist hervorragend“, freut sich der UKL-Experte über den ersten Teilerfolg. Nun können die manipulierten Zellen ihre „Wanderung“ in die Lymphknoten des Mannes angehen und beginnen, die Krebszellen zu zerstören. Nach den Worten Platzbeckers darf dies allerdings nicht in einem zu schnellen Tempo passieren: „Wir wollen einen sanften Abbau“, meint der Hämatologe.
Von einem Erfolg würde er sprechen, wenn der Tumor nach drei Monaten mindestens nicht weiter gewachsen sei und nach einem Jahr im besten Fall komplett oder zumindest zur Hälfte verschwunden sei. Die erste Bildgebung nach der Therapie zeigte bereits ein teilweises Ansprechen.
Für Klinikdirektor Platzbecker, der seit Oktober 2018 am UKL tätig ist, soll die neue Zelltherapie zu den zentralen Aspekten seiner klinischen Arbeit hier gehören. Der erste Einsatz der Kymriah-Therapie stellt daher einen wichtigen Meilenstein für ihn dar. Weitere Anwendungen werden wohl folgen. Bei vier Patienten am UKL haben die Krankenkassen bereits ihre Genehmigung erteilt. Und auf der Warteliste befinden sich fünf weitere Personen.