Erste Geburt nach PID in der Universitätsmedizin Mainz
In der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit der Universitätsmedizin Mainz ist das erste Kind zur Welt gekommen, das zuvor am hauseigenen Zentrum für Präimplantationsdiagnostik (#PID) gezeugt und auf das Vorliegen einer familiären #Erbkrankheit getestet worden war. Durch die PID hat es die Chance, gesund aufzuwachsen, denn es trägt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine schwerwiegende genetische Erkrankung in sich. Für die frischgebackenen, genetisch vorbelasteten Eltern ist das Glücksgefühl angesichts ihres gesunden Nachwuchses daher immens. Und auch die Beschäftigten der Universitätsmedizin Mainz freuen sich, diesen besonderen Kinderwunsch medizinisch erfolgreich begleitet zu haben.
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ermöglicht Paaren mit Kinderwunsch, die eine Veranlagung für eine schwere Erbkrankheit in sich tragen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Tot- oder Fehlgeburt rechnen müssen, noch vor dem Eintritt einer Schwangerschaft eine genetische Diagnostik. Dabei untersuchen Experten künstlich befruchtete Eizellen auf Erbkrankheiten oder Chromosomenanomalien hin, bevor sie in die Gebärmutter übertragen werden. Lediglich Eizellen, die keine genetische Belastung aufweisen, werden zur Implantation verwendet.
Eltern, die sich für eine künstliche Befruchtung entschieden haben und genetisch vorbelastet sind, können seit 2016 am Zentrum für Präimplantationsdiagnostik (PID) der Universitätsmedizin Mainz dieses moderne, medizinisch anspruchsvolle Diagnoseverfahren durchführen lassen. Dadurch erhalten sie die Chance, mit dem Wissen schwanger zu werden, dass ihr Nachwuchs mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine Veranlagung für die in der Familie vorliegende genetische Erkrankung in sich tragen wird. Dabei gelten allerdings enge medizinische Vorgaben und jeder einzelne Antrag auf eine PID muss vorher durch die zuständige Ethikkommission zustimmend bewertet werden.
Das einzige PID-Zentrum in Rheinland-Pfalz und Hessen
Bundesweit existieren derzeit 20 PID-Zentren, u.a. in Mainz, Heidelberg, Freiburg, Regensburg, Martinsried, München, Hamburg und Lübeck. Das PID-Zentrum an der Universitätsmedizin Mainz ist das einzige in Rheinland-Pfalz und Hessen und ist eine Kooperation zwischen dem Institut für Humangenetik und dem Universitäts-Kinderwunschzentrum der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit der Universitätsmedizin Mainz. Es arbeitet eng mit der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie zusammen.
„In Deutschland finden jährlich schätzungsweise 250 bis 400 PIDs statt. Am PID-Zentrum der Universitätsmedizin Mainz haben sich bislang 57 Paare vorgestellt und erfolgreich einen Antrag auf eine Präimplantationsdiagnostik gestellt. Im Rahmen der zugelassenen PIDs fanden 14 Übertragungen von genetisch unauffälligen Embryonen in eine Gebärmutter statt. Daraus entwickelten sich bei fünf Frauen Schwangerschaften. Mit dem geborenen Baby hat nun das erste PID-Kind der Universitätsmedizin Mainz das Licht der Welt erblickt“, erklärt PD Dr. Christine Skala, Leitende Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit.
„Die meisten Paare erfahren erst durch die Geburt ihres erstgeborenen schwerstbehinderten oder schwerstkranken Kindes, dass sie genetisch vorbelastet sind und somit ein substantielles Wiederholungsrisiko für weitere Kinder tragen. Bevor wir die Zulassung für unser PID-Zentrum hatten, war es der Universitätsmedizin Mainz nur möglich, betroffenen Paaren mit Kinderwunsch anzubieten, zu Beginn der Schwangerschaft eine pränatale Diagnostik durchzuführen. Ergab diese einen positiven Befund, stand zumeist die Frage nach einem Schwangerschaftsabbruch im Raum. Die Entscheidung darüber ist für kein Elternpaar leicht und belastet insbesondere die Frauen unglaublich. In diesem Sinne bedeutet die PID für die Eltern insgesamt weniger Leidensdruck“, erläutert die Direktorin des Instituts für Humangenetik der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Susann Schweiger.
PID ist seit 2014 zugelassen
Der Gesetzgeber hatte im Dezember 2011 beschlossen, dass die Präimplantationsdiagnostik ausschließlich zur Vermeidung von schweren Erbkrankheiten, Tot- oder Fehlgeburten Anwendung finden darf. Zugelassen ist die PID unter bestimmten Voraussetzungen aber erst seit 2014. Eine der Voraussetzungen ist die vorherige Prüfung und positive Bewertung des Antrags auf eine PID durch die im Embryonenschutzgesetz geforderte gemeinsame Ethikkommission der Länder.
Die gemeinsame Ethikkommission der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen hat sich im Juli 2014 konstituiert und ist bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg angesiedelt. Sie besteht aus acht Mitgliedern: Vier Mediziner, ein Jurist, ein Ethiker sowie je ein Sprecher für Patienten und Menschen mit Behinderung. Diese prüfen, ob eine medizinische Indikation vorliegt, die zur Durchführung einer PID berechtigt. Bei der Antragsbewertung muss die interdisziplinär besetzte Ethikkommission zudem psychische, soziale und ethische Aspekte berücksichtigen.