Botox in das Fettgewebe am Herzen: Hilft das nach der Herz-OP mehr als ein Placebo?
Original Titel:
Temporary autonomic modulation with botulinum toxin type A to reduce atrial fibrillation after cardiac surgery
MedWiss – Postoperatives Vorhofflimmern ist eine häufige Komplikation von Herzoperationen. Die Injektion von Botulinumtoxin A in das epikardiale Fettgewebe, das das Herz umgibt, sollte das Risiko für diese Komplikation senken. Die Behandlung war gut verträglich, wirkte allerdings in dieser Studie nicht überzeugend. Zukünftig muss ermittelt werden, welche Risikogruppen besser von der Behandlung profitieren könnten.
Postoperatives Vorhofflimmern ist eine häufige Komplikation von Herzoperationen. Bedeutsam dabei ist die Innervierung des Herzens, speziell das sogenannte autonome Nervensystem: Damit werden Dinge in unserem Körper geregelt, die gewissermaßen automatisch ablaufen sollen. Blutdruck, Herzschlag und Verdauungsorgane sollen schließlich einfach funktionieren, ohne dass wir darüber nachdenken müssen. Wenn aber die Kontrolle dieser Systeme nicht ganz richtig funktioniert?
Schwere Komplikationen vermeiden durch gezielte Behandlung der Herzkontrolle
Ziel einer neuen Studie war es daher, das autonome Nervensystem gezielt zu manipulieren, um Vorhofflimmern nach der Herzoperation zu verhindern. Dazu wurde das Nervengift Botulinumtoxin A (Botox A) genutzt. Im randomisierten Doppelblindverfahren wurde Patienten zufällig entweder Botox oder ein Placebo zugeordnet (jeweils die Hälfte der Teilnehmer). Weder behandelnde Ärzte noch die Patienten wussten dabei jeweils, was verabreicht wurde. Das Toxin wurde in das Fettgewebe injiziert, das das Herz umgibt, das sogenannte epikardiale Fettgewebe. Um zu ermitteln, ob das Toxin half, wurde das Risiko für postoperatives Vorhofflimmern bestimmt und berechnet, wie stark dieses Risiko nach der Behandlung mit Botox im Vergleich zum Placebo sank. Zusätzlich wurde auch erfasst, wie häufig allgemein diese Komplikation eintrat, wie lange Patienten im Krankenhaus behandelt werden mussten, sowie eventuelle weitere unerwünschte Ereignisse wie beispielsweise Nebenwirkungen der Behandlung.
Botox in das Fettgebewe am Herz: hilft das nach der Herz-OP mehr als ein Placebo?
Anfänglich konnten 145 Patienten zur Teilnahme gewonnen werden, von denen aber vor der Behandlung 15 Patienten aus der Studie ausgeschlossen wurden. Daten von 130 Patienten konnten schließlich analysiert werden: 63 erhielten die Botox-Injektion, 67 erhielten das Placebo. Insgesamt entwickelten 36,5 % (23 von 63) mit Botox behandelte Patienten ein postoperatives Vorhofflimmern. In der Placebogruppe waren dies dagegen 47,8 % (32 von 67 Patienten). Obwohl sich also ein Unterschied andeutete, ergab die statistische Analyse aber keinen überzeugenden Unterschied: Die durchschnittliche Zeit bis zum Eintreten eines Vorhofflimmerns war nicht klar unterschiedlich zwischen Patienten, die mit Botox oder Placebo behandelt worden waren. Die Patienten verbrachten im Schnitt ähnlich viel Zeit im Krankenhaus nach der Operation: im Mittel 6 Tage nach Botox-Injektion und 6,2 Tage nach Placebo-Injektion. Unerwünschte Ereignisse, die den Krankenhausaufenthalt verlängerten, waren ähnlich häufig in beiden Gruppen: Sie traten bei 42,9 % (27/63) der Botox-Patienten und bei 44,8 % (30/67) der Placebo-Patienten auf.
Gut verträglich, aber das Risiko für Vorhofflimmern sank nicht überzeugend
Insgesamt war damit die Injektion von Botulinumtoxin A in das epikardiale Fettgewebe, das das Herz umgibt, gut verträglich und ohne erkennbare Nebenwirkungen. Allerdings waren auch die positiven Effekte nicht überzeugend: Das Risiko für ein postoperatives Vorhofflimmern wurde nicht signifikant gesenkt. Zukünftige, größere Studien werden eventuell stärker bestimmte Risikogruppen für das Vorhofflimmern getrennt untersuchen müssen, um klarer zu ermitteln, für wen diese Behandlung von Vorteil sein könnte.
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