Weniger als ein Drittel der Bluthochdruck-Patienten im Globalen Süden behandelt

Forscherteam mit Göttinger und Heidelberger Beteiligung stellt unzureichende Versorgung fest

Gemeinsame Pressemitteilung der Georg-August-Universität Göttingen und des Universitätsklinikum Heidelberg. Autor ist die Georg-August-Universität Göttingen.

(pug) Das Gesundheitswesen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen ist nur unzureichend auf die zunehmende Zahl von Bluthochdruck-Erkrankungen vorbereitet. Mehr als zwei Drittel aller betroffenen Menschen sind ohne Behandlung. Dies haben Forscherinnen und Forscher unter Leitung der Harvard T.H. Chan School of Public Health, der Universität Göttingen und der Medizinischen Fakultät Heidelberg herausgefunden. Die Studie ist in der Fachzeitschrift The Lancet erschienen.

Das Forscherteam analysierte die Gesundheitsversorgung von Bluthochdruck in 44 Ländern des Globalen Südens. Mit einer sogenannten Kaskadenmethodik ermittelten sie, wie gut die Gesundheitssysteme der verschiedenen Länder angepasst sind. Wie ein stufenartiger Wasserfall zeigt eine Kaskade Schritt für Schritt auf, wo Patienten in Gesundheitssystemen verloren gehen. Zunächst stellten die Forscher fest, wie viele Personen an Bluthochdruck leiden. Davon ausgehend ermittelten sie, wie viele Patienten davon jeweils untersucht, diagnostiziert und behandelt wurden. Schließlich analysierten sie, wie viele Patienten die Krankheit mit Medikamenten erfolgreich unter Kontrolle haben.

„Bluthochdruck ist schon jetzt am weitesten verbreitet in Regionen, die zum Globalen Süden gehören, besonders in Subsahara-Afrika und Zentral- sowie Südasien“, sagt Pascal Geldsetzer, Postdoktorand an der Harvard T.H. Chan School of Public Health und Erstautor der Studie. „Unsere Studie zeigt nicht nur, dass die Fürsorge für Bluthochdruck in diesen Ländern stark unzureichend ist, sondern auch, wo genau Patienten im Prozess der Bluthochdruckbehandlung verlorengehen.“

Das Ergebnis: Bei weniger als der Hälfte der Betroffenen wird der Bluthochdruck diagnostiziert. Lediglich 30 Prozent dieser Patienten werden behandelt und nur ein Zehntel hat die Krankheit unter Kontrolle. „Bluthochdruck kann relativ gut und kostengünstig behandelt werden“, sagt Sebastian Vollmer, Alexander von Humboldt Professor für Entwicklungsökonomie an der Universität Göttingen. „Nicht diagnostizierter oder unbehandelter Bluthochdruck hingegen ist ein erhebliches Risiko für die betroffenen Menschen und kann zu erheblichen Komplikationen bis hin zum Tod führen.“ Till Bärnighausen, Professor für Globale Gesundheit an Universitätsklinikum und Medizinischer Fakultät Heidelberg und korrespondierender Autor der Studie, fügt hinzu: „Bluthochdruck ist schon jetzt eine der großen Volkskrankheiten im Globalen Süden und wird immer häufiger, da die Bevölkerung in diesen Ländern altert. Diese Studie liefert wichtige Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger dazu, an welcher Stelle der Kette des Behandlungsprozesses für Bluthochdruck momentan die größten Probleme herrschen.“

Um die Gesundheitssysteme der betroffenen Länder zu verbessern, werfen die Autorinnen und Autoren einen Blick auf die Erfolgsrezepte gut angepasster Gesundheitssysteme. Costa Rica, Bangladesch, Brasilien, Ecuador, Kirgistan und Peru gehen als gute Beispiele aus der Studie hervor.

Die Analyse erfolgte unter anderem mit Hilfe von STEPS-Daten der Weltgesundheitsorganisation.

Originalveröffentlichung

Pascal Geldsetzer et al. The state of hypertension care in 44 low- and middle-income countries: a cross-sectional study of individual-level nationally representative data from 1.1 million adults. The Lancet (2019). Doi: http://doi.org/10.1016/S0140-6736(19)30955-9

Presseinformation der Georg-August-Universität Göttingen

http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?id=5527