Prostatakrebs
Nutzen und Risiken des PSA-Tests zur Prostatakrebs-Früherkennung
Original Titel:
Prostate-Specific Antigen-Based Screening for Prostate Cancer: Evidence Report and Systematic Review for the US Preventive Services Task Force
MedWiss – Der PSA-Test zur Krebsfrüherkennung ist umstritten. Die vorliegende Studie befasste sich mit dem Nutzen und den Risiken, die eine standardmäßige Anwendung des PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs mit sich bringt. Hierfür sichteten die Wissenschaftler bereits veröffentlichte Studien zu dieser Thematik und fassten deren Ergebnisse zusammen.
Die Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA) ist im Hinblick auf die Prostatakrebs-Früherkennung ein stark diskutiertes Thema. Auf der einen Seite ist der PSA-Test sehr sensitiv, was bedeutet, dass mit ihm der Prostatakrebs bereits erkannt werden kann, wenn sich dieser noch im Anfangsstadium befindet. Auf der anderen Seite ist er jedoch nicht sehr spezifisch. Das führt dazu, dass viele mit dem Verdacht auf Prostatakrebs konfrontiert werden, obwohl sie nicht erkrankt sind. Der PSA-Test liefert nämlich nur einen ersten Verdacht auf Prostatakrebs. Die tatsächliche Diagnose wird mithilfe von Gewebeproben gestellt, die der Arzt dem Patienten bei Verdacht auf Prostatakrebs aus der Prostata entnimmt (Biopsie). Diese werden im Anschluss auf Krebszellen untersucht. Ein weiterer stark diskutierter Punkt bezüglich des PSA-Tests bei der Früherkennung ist, dass mit dem PSA-Test viele Prostatakrebse erkannt werden, die niemals Beschwerden verursacht hätten. Wegen der genannten Nachteile ist der PSA-Test für die Krebsfrüherkennung umstritten. Wissenschaftler aus Davis (USA) wollten einen Überblick über Nutzen und die Risiken des PSA-Tests bei der Prostatakrebs- Früherkennung erstellen. Dazu sichteten sie bereits veröffentlichte Studien zu dieser Thematik.
Wissenschaftler fassten die Ergebnisse älterer Studien zusammen
Die Wissenschaftler suchten in internationalen Datenbanken nach englischsprachigen Studien, die sich mit der Prostatakrebs- Früherkennung beschäftigt hatten. Dabei konzentrierten sie sich vor allen auf das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, auf Komplikationen bei der Gewebeprobeentnahme (Biopsie) und auf die sogenannte Überdiagnose (damit ist gemeint, dass Patienten mit einem Prostatakrebs konfrontiert werden, der niemals Beschwerden bereitet hätte). Die Wissenschaftler fanden insgesamt 63 Studien mit insgesamt 1904950 Teilnehmern, die ihre Kriterien erfüllten. Sie fassten die Ergebnisse dieser Studien zusammen und bewerteten die Qualität der einzelnen Studien.
Die Daten bezüglich des Nutzens des PSA-Tests zur Prostatakrebs-Früherkennung sind uneinheitlich
Bei der Analyse der Daten stellten die Wissenschaftler fest, dass es widersprüchliche Ergebnisse dazu gibt, ob die routinemäßige Verwendung des PSA-Tests das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, reduzieren kann oder nicht. In einer US-amerikanischen Studie (mit 76683 Teilnehmern) und einer Studie aus England (mit 408825 Teilnehmern) konnte ein positiver Effekt des PSA-Tests auf das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, nicht bestätigt werden. Es ist jedoch anzumerken, dass diese Studien nicht unwesentliche Mängel aufwiesen. Zu einem anderen Ergebnis kam eine europäische Studie (mit 162243 Teilnehmern). In dieser Studie konnten die Forscher zeigen, dass das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, um 21 % reduziert werden könnte, wenn der PSA-Test standardmäßig zur Früherkennung angewandt werden würde. Laut ihrer Berechnungen würde durch den PSA-Test jährlich einer von 10000 Männern vor einem Tod aufgrund von Prostatakrebs bewahrt.
Viele der durch den PSA-Test entdeckten Prostatakrebse hätten keine Beschwerden verursacht
Bei drei Patientengruppen (insgesamt 15136 Patienten) wurde untersucht, wie häufig es bei der Entnahme von Gewebeproben zu Komplikationen kam, die aufgrund von erhöhten PSA-Werten durchgeführt wurden. Die Wissenschaftler stellten fest, dass bei 0,5 % bis 1,6 % der Patienten Komplikationen auftraten, die einen Krankenhausaufenthalt nötig machten. Zudem wurde geschätzt, dass 20,7 % bis 50,4 % der durch den PSA-Test entdeckten Prostatakrebse nie Beschwerden bereitet oder das Leben der Patienten bedroht hätten. Die Autoren der Studie sehen dies vor allem deswegen kritisch, weil eine Behandlung des Prostatakrebses durch Operation oder Bestrahlung, welche nach der Diagnose häufig durchgeführt werden, mit Komplikationen wie Harninkontinenz und Erektionsstörungen verbunden sein können. Somit kann es durchaus sein, dass ein Patient unter den Folgen einer Therapie leidet, die eigentlich nicht nötig gewesen wäre.
Wenn der PSA-Test standardmäßig zur Prostatakrebs-Früherkennung eingesetzt werden würde, könnten somit vermutlich Todesfälle aufgrund von Prostatakrebs verhindert werden. Diesem Umstand stehen jedoch Komplikationen bei der Biopsie, die im Anschluss an einem PSA-Test durchgeführt wird, und die Konfrontation (oder gar die Behandlungen) mit einem Prostatakrebs, der weder die Lebensdauer noch die Lebensqualität beeinflusst hätte, gegenüber. Es muss somit abgewogen werden, ob der Nutzen tatsächlich die Risiken überwiegt. Denn nur dann ist es sinnvoll, den PSA-Test standardmäßig zur Krebsfrüherkennung anzuwenden. Weitere Studien, die den Nutzen des PSA-Test zur Krebsfrüherkennung belegen oder widerlegen, wären somit wünschenswert, um bei dieser Debatte einen Schritt weiter zu kommen.
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