Narkose bei Kindern? Die Atmosphäre ist wichtig!
Interview mit Prof. Dr. Peter Kienbaum, stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesiologie
Herr Professor Kienbaum, was sind die Herausforderungen, wenn es um die Narkose bei Kindern geht?
Eine bevorstehende Narkose bei Kindern weckt nicht nur bei Angehörigen sondern auch bei manchen Ärzten Sorge und Emotion. Hier greift der Beschützerinstinkt. Für uns als Ärzte ist es deshalb wichtig, dass wir genaue Kenntnis von den Unterschieden zur Erwachsenenmedizin haben. Wir müssen mit anderen anatomischen Größenverhältnissen, einer besonderen Funktionsweise der Organsysteme und mit der speziellen Wirkweise und -dauer der für eine Narkose eingesetzten Arzneimittel umgehen können. Von großer Bedeutung für eine gute Versorgungsqualität ist Routine und ein eingespieltes Team, das rund um die Uhr unmittelbar verfügbar ist. Hier am Universitätsklinikum Düsseldorf besteht dieses Team unter anderem aus erfahrenen Kinderärzten, Kinderchirurgen, Narkoseärzten und Pflegekräften, die jederzeit Diagnostik und Therapie auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft universitär vertreten.
Was müssen Sie im Umgang mit Kindern beachten?
Anspruchsvoll ist die Kommunikation mit dem kleinen Patienten und seinen Eltern. Ein Kleinkind im Alter von zwei oder drei Jahren kann Krankheitssymptome in der Regel nicht gut benennen. Es reagiert ziemlich unabhängig vom zu Grunde liegenden Problem mit Weinen oder Schreien. Wenn es weint, braucht man viel Erfahrung, um zu erkennen: Woran liegt das jetzt eigentlich? Ist das Unwohlsein lediglich durch eine unbekannte Umgebung und das Fehlen der Eltern im Operationssaal oder zum Beispiel durch Schmerzen oder Übelkeit bedingt? Erst wenn wir Klarheit haben, können wir zeitnah wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen. Bei der Betreuung von Kindern kommt hinzu, dass ich es als Arzt eigentlich immer mit mindestens zwei „Patienten“ zu tun habe: mit einem erkrankten Kind und mit den Eltern in einer emotionalen Ausnahmesituation. Wenn es richtig gut läuft, nehme ich vor einer Operation ein entspanntes Kind und eine gut informierte Mutter in Empfang, die froh ist, dass es endlich los geht. Allerdings kann es auch ganz anders aussehen, so dass ich dann genau abwägen muss, wie die Übergabe des Kindes für alle Beteiligten bestmöglich erfolgen kann.
Wie regeln Sie den Umgang mit den Eltern, die ja ein Interesse daran haben, ihre Kinder eng zu begleiten?
Mir ist wichtig, dass das gesamte Team eine Atmosphäre generiert, in der sich die Eltern und die Kinder den Umständen endsprechend möglichst wohlfühlen. Die Kommunikation ist hier das Entscheidende. Wir sind in den Vorgesprächen und im Verlauf der Betreuung insbesondere bei den kleinen Kindern auf die Fremdeinschätzung der Eltern angewiesen. Dabei geht es um Fragen wie: Hat ihr Kind Schmerzen und wenn ja an welcher Stelle? Wie oft treten die Schmerzen auf? Was sind besondere Gewohnheiten ihres Kindes? Manche Eltern können das sehr gut, andere haben große Mühe zu benennen, was mit ihrem Kind los ist? Hier müssen wir mit unserer Erfahrung unterstützen.
Kommen bei Kindern andere Wirkstoffe zum Einsatz?
Nein, wir verwenden weitestgehend die gleichen Arzneimittel wie bei den Erwachsenen. Ich muss aber Besonderheiten im Kindesalter kennen und praktische Erfahrungen im Einsatz dieser Arzneimittel in dieser Altersgruppe haben. Beispielsweise reagieren Kinder weniger empfindlich auf Narkosemittel. Ein Säugling benötigt etwa doppelt so hohe Konzentrationen von Narkosegas am Wirkort wie ein 90-Jähriger. Insgesamt gilt: Man braucht ein eingespieltes Team mit viel Erfahrung, um einen chirurgischen Eingriff bei einem Kind optimal zu managen. Das geht in Zusammenarbeit mit unserer Chefärztin der Kinderchirurgie, Frau Doktor Staude, ganz hervorragend, weil sie eine außergewöhnlich gute Ärztin und verlässliche Partnerin im Team ist. Ich freue mich immer sehr, wenn wir gemeinsam im Operationssaal unsere kleinsten Patienten behandeln.