Sollen Säuglings- und Folgenahrung künftig weiterhin auch Arachidonsäure enthalten?
Europäische Akademie für Pädiatrie und Stiftung Kindergesundheit veröffentlichen ein neues Positionspapier
Ab Februar 2020 gelten für alle in der Europäischen Union neue Standards für Säuglings- und Folgenahrungen (VO2016/127) [1]. Der Zusatz der omega-3 Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) ist dann in 2-3fach höherer Konzentration als bisher üblich obligatorisch. Hingegen besteht keine Verpflichtung, die Fettsäure Arachidonsäure zuzusetzen.
Dies ist eine ganz neuartige Zusammensetzung von Säuglingsnahrungen, deren Eignung und Sicherheit bisher nicht in klinischen Studien belegt wurde. Deshalb hielt die gemeinnützige Stiftung Kindergesundheit (www.kindergesundheit.de) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Akademie für Kinderheilkunde (www.eapaediatrics.eu) einen Workshop mit meinungsbildenden internationalen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet und Vertretern von Elternorganisationen außerhalb von München ab, um die hier bestehenden Fragen eingehend zu diskutieren. Die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen wurden jetzt in einer hochangesehenen internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht (s. unten).
Die Experten betonen, dass Muttermilch die erste Wahl in der Ernährung am Lebensanfang ist und auch als Goldstandard für die Wahl der Inhaltsstoffe von Flaschennahrung gilt. Muttermilch liefert immer sowohl DHA als auch Arachidonsäure. Weltweit sind in der Muttermilch die Arachidonsäure-konzentrationen meist deutlich höher als die von DHA. Studien haben Säuglingsnahrungen mit verschiedenen Gehalten verglichen. Sie zeigen bei hoher DHA-Konzentration aber niedrigem Arachidonsäure-Gehalt Nachteile der kindlichen Entwicklung bis zum Alter von 9 Jahren und bei Tieren auch eine Verminderung des normalen Arachidonsäuregehaltes im Gehirngewebe.
Die neuen Empfehlungen raten dringend dazu, für nicht oder nicht vollgestillte Säuglinge nur solche Säuglingsnahrungen zu verwenden, die neben DHA auch mindestens die gleiche Menge Arachidonsäure enthalten.
[1] European-Commission. Commission Delegated Regulation (EU) 2016/127 of 25 September 439 2015 supplementing Regulation (EU) No 609/2013 of the European Parliament and of the Council as regards the specific compositional and information requirements for infant formula and follow-on formula and as regards requirements on information relating to infant and young child feeding. Official Journal of the European Union 2016:L 25/1.
Zur Stiftung Kindergesundheit:
Die Stiftung Kindergesundheit informiert seit 1996 die Öffentlichkeit über gesicherte Kenntnisse und Empfehlungen bei wichtigen Gesundheitsfragen, und sie erarbeitet in Kooperation mit kompetenten Partnern und anerkannten Spezialisten Präventionsmaßnahmen auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, so z.B. für Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Berthold Koletzko, Karin Bergmann, J. Thomas Brenna, Philip C. Calder, Cristina Campoy, M. Tom Clandinin, John Colombo, Mandy Daly, Tamás Descsi, Hans Demmelmair, Magnus Domellöf, Nataša Fidler Mis, Ines Gonzalez-Casanova, Johannes B van Goudoever, Adamos Hadjipanayis, Olle Hernell, Alexandre Lapillonne, Silke Mader, Camilia R. Martin, Valerie Matthäus, Usha Ramakrishan, Cornelius M. Smuts, Sean JJ Strain, Conny Tanjung, Patrick Tounian, Susan E. Carlson, on behalf of the European Academy of Pediatrics and the Child Health Foundation.
Originalpublikation:
Should formula for infants provide arachidonic acid along with docosahexaenoic acid? A position paper of the European Academy of Pediatrics and the Child Health Foundation. American Journal of Clinical Nutrition 2019, doi.org/10.1093/ajcn/nqz252; published 26 October 2019.