Studie deckt Unterschiede zwischen Herzklappensystemen auf
Der Ersatz defekter Aorten-Herzklappen durch Implantate wird alleine am Inselspital, dem Berner Universitätsspital, jährlich 400 bis 500 Mal vorgenommen. Bei der Implantation über einen Katheter stehen zwei Prothesen-Systeme zur Verfügung. Erstmals wurden diese einander in einem direkten Vergleich gegenübergestellt.
Die Aortenklappe ist die Herzklappe, die im Verlauf des Lebens am häufigsten ersetzt werden muss. Der Ersatz erfolgt bei älteren Patientinnen und Patienten meist über einen Kathetereingriff. Pro Jahr werden so am Inselspital mehr als 400 Herzklappen ersetzt. Dabei stehen verschiedene Systeme zur Verfügung. Erstmals wurden in einem direkten Vergleich zwei der am häufigsten verwendeten Systeme einander gegenübergestellt. Ungefähr 10 Prozent der älteren Personen in der Schweiz sind heute auf den Ersatz ihrer Aortenklappen angewiesen. Etwa 95 Prozent dieser Eingriffe können über eine Hauptschlagader (Aorta) vorgenommen werden, womit ein aufwändiger und belastender chirurgischer Eingriff vermieden wird. Dieses Verfahren wird Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) genannt. Es kann in Lokalanästhesie und am schlagenden Herzen erfolgen.
Für die Anbringung der Aortenklappen-Bioprothesen stehen zwei Varianten zur Verfügung: Die Prothesen werden entweder mithilfe eines Ballons freigesetzt und implantiert (ballonexpandierbare Prothese), oder sie entfalten sich selbstständig, nachdem eine Hülle nach der Implantation zurückgezogen wurde (selbstexpandierende Prothese).
Erste grosse Vergleichsstudie
Die vorliegende Studie hat nun erstmals zwei der am häufigsten verwendeten Prothesen-Typen direkt verglichen. An der Studie beteiligten sich zwanzig Zentren in der Schweiz, in Deutschland, den Niederlanden und England. Insgesamt wurden 739 Personen untersucht, 57 Prozent davon Frauen. Der Beobachtungszeitraum betrug 30 Tage. Sponsor der Studie war die Insel Gruppe AG. Die gross angelegte Studie wurde erstmals am US-amerikanischen Kongress für Kardiologie in San Francisco präsentiert und gleichzeitig im renommierten Fachjournal «The Lancet» veröffentlicht.
Ergebnisse aus dem direkten Vergleich
Klinisch aussagekräftige Unterschiede zwischen den beiden Bioprothesen-Typen lassen sich bereits 30 Tage nach dem Eingriff nachweisen. Am stärksten fallen die Dichtigkeit der neuen Klappen und Funktionsstörungen der Nieren ins Gewicht. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass in den ersten dreissig Tagen nach der Implantation die selbstexpandierende Variante nicht uneingeschränkt als gleichwertig mit der ballonexpandierenden Variante gelten kann.
Die Folgerungen
Die Ergebnisse der Studie geben erste Hinweise auf die Eignung der verschiedenen modernen Typen von Herz-Ersatzklappen. Die Resultate müssen nun ergänzt werden mit Studien, die mehr als 30 Tage dauern und die möglichst auch langfristige Resultate zur Sterblichkeit der Patientinnen und Patienten miteinbeziehen. Im konkreten Fall ist die Wahl der Aortenklappen-Bioprothesen von mehreren Faktoren abhängig. Ein Team aus Herzspezialistinnen und ‑spezialisten hat zu entscheiden, welcher Prothesen-Typ im individuellen Fall am besten geeignet ist.
Link zur Studie
Lanz, Jonas, Won-Keun Kim, Thomas Walter et al., (2019): Safety and efficacy of a self-expanding versus a balloon-expandable bioprosthesis for transcatheter aortic valve replacement in patients with symptomatic severe aortic stenosis: a randomised non-inferiority trial. Lancet 2019; 394:1619-28
Link zur Studie
– Lanz, Jonas, Won-Keun Kim, Thomas Walter et al., (2019): Safety and efficacy of a self-expanding versus a balloon-expandable bioprosthesis for transcatheter aortic valve replacement in patients with symptomatic severe aortic stenosis: a randomised non-inferiority trial. Lancet 2019; 394:1619-28
Experten:
– Prof. Dr. med. Thomas Pilgrim, Leitender Arzt, Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital
– Dr. med. Jonas Lanz, Oberarzt Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital