Neueste Erkenntnisse zu Beatmung von COVID-19-Patienten

International anerkannter Experte für schwere Lungenerkrankungen an der Universitätsmedizin Göttingen, Prof. Dr. Luciano Gattinoni, mit „Clinical Update“ in renommierter amerikanischer Fachzeitschrift „Journal of the American Medical Association“ (JAMA)

(umg) Der aktuelle Stand zur Wirksamkeit und (Aus-)Wirkung von Beatmung bei COVID-19-Patienten ist Thema eines Artikels im „Journal der American Medical Association“ (JAMA). JAMA ist eines der weltweit führenden Wissenschaftsjournale. In der JAMA-Ausgabe von Freitag, 24. April 2020, stellen Prof. Dr. Luciano Gattinoni von der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Prof. John J. Marini von der Universität Minnesota/USA in einem „Clinical Update“ bisher vorliegende weltweite Erfahrungen und Daten zusammen. Die Wissenschaftler gehören zu den bekanntesten Experten für Intensivtherapie, Lungenphysiologie und -pathophysiologie und mechanische Beatmung. Prof. Dr. Luciano Gattinoni leitet aktuell als Gastprofessor die Arbeitsgruppe „Akutes Lungenversagen“ an der Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Göttingen.

PUBLIKATION: JAMA Insights | Clinical Update: Management of COVID-19 Respiratory Distress; John J. Marini, MD; Luciano Gattinoni, MD. Published Online: April 24, 2020.JAMA.2020. doi:10.1001/jama.2020.6825
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2765302

In ihrem „Clinical Update“ in der jüngsten Ausgabe von JAMA beleuchten die beiden Wissenschaftler einige Besonderheiten des durch COVID-19 verursachten Lungenschadens. Unter anderem sind sie der Frage nachgegangen, warum sich der Gesundheitszustand bei manchen der beatmeten COVID-19-Patienten eher verschlechterte statt verbesserte. Sie fanden Hinweise auf den zugrundeliegenden Mechanismus, durch den die Lunge geschädigt wird. Jüngsten Daten aus italienischen Kliniken zufolge ist die Lunge bei COVID-19-Patienten in der Initialphase nicht so stark in ihrer Mechanik beeinträchtigt wie bei anderen Formen einer schweren, akuten Lungenentzündung. Da sich in der ersten Krankheitsphase deutlich weniger Flüssigkeit in der Lunge ansammelt, als dies bei einer „klassischen“ Lungenentzündung der Fall ist, bleibt sie ungewöhnlich lange gut dehnbar und elastisch, so die Autoren. Von einer Standardtherapie mit frühzeitiger Intubation und Intensivbeatmung, wie sie sonst bei einer schweren Lungenentzündung angewandt wird, raten die Wissenschaftler daher in dieser Phase ab. Bei bedrohlicher Atemnot von COVID-19-Patienten empfehlen sie, zunächst durch eine angemessene Unterstützung des Gasautauschs und der Atmung, angepasst an die verschiedenen Stadien der Krankheit, dafür zu sorgen, dass die Lunge Zeit erhält, zu heilen und sich zu erholen.

Prof. Dr. Luciano Gattinoni zählt zu den international anerkannten Experten für schwere Lungenerkrankungen. Der Forschungsschwerpunkt des emeritierten Professors der Universität Mailand liegt auf der Behandlung des akuten Lungenversagens, ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome). Nach seiner Emeritierung ist Prof. Gattinoni weiter engagiert in der ARDS-Forschung. Aktuell leitet er als Gastprofessor eine Arbeitsgruppe „Akutes Lungenversagen“ an der Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Göttingen.